
Museum hat mit einer originalen RFT-Hauptuhr nun ein historisches Stück ostdeutscher Zeitmessung im Bestand.
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Ein neues, „besonderes Objekt“ stellt das Pforzheimer DDR-Museum ab sofort aus. Ganz nach der Devise, nicht einfach nur „Haushaltsobjekte“ aus der DDR-Zeit auszustellen, sondern seltene Gegenstände, die nicht jeder zu Hause hat und das Land buchstäblich am Laufen hielten, steht nun eine originale Hauptuhr einer Uhrenanlage im Eingangsbereich des Museums. Die im Jahr 1980 im Leipziger RFT-Werk gefertige Hauptuhr „HU 22“ arbeitete im Landratsamt Merseburg und sorgte dort für eine exakte Uhrzeit auf allen nachgeschalteten Nebenuhren. „R-F-T“ steht für „Rundfunk- und Fernmelde-Technik“ und war in der DDR der Name für einen Herstellerverbund von elektronischen Geräten aller Art.
Volker Römer, erster Vorstand des Vereins „Gegen das Vergessen“, der das Museum zusammen mit der Stiftung „Lernort Demokratie – Das DDR-Museum Pforzheim“ betreibt, ist froh über die außergewöhnliche Spende. „Das ist eine tolle Sache“, so Römer, „und wir sind recht froh, dass wir jetzt wieder ein besonderes Objekt ausstellen können.“ Mittelfristig soll die Uhr auch wieder laufen, was angesichts der verbauten Feinmechanik durchaus funktioniert. Im Gegensatz zur weitgehend baugleichen „West-Uhr“ von Siemens ist das ostdeutsche Pendant jedoch deutlich einfacher gebaut. Montiert ist das Uhrwerk beispielsweise auf einer spartanischen Pressspahnplatte, während die Siemens-Uhr auf einem Stahlrahmen montiert ist. „Dort sieht man dann schon die Materialknappheit und dass man nur das Nötigste gemacht hat“, so Gerstel. Und auch in Sachen Geruch gibt es Unterschiede: Wenn man die Uhr aufmacht, riecht es nach DDR“, meint er schmunzelnd. Etwas, was Volker Römer bestätigt, denn viele industrielle Produkte in der DDR hatten sehr eigentümlich riechende Werkstoffe.
Timo Gerstel, der hauptberuflich mit seinem Bruder ein Autohaus führt, sammelt bereits seit vielen Jahren die besonderen Uhren und besitzt einen größeren Bestand von vielen Herstellern wie beispielsweise Siemens oder Telenorma, inklusive vieler Nebenuhren in allen Größen und mit charakteristischem Zifferblattdesign, das einem aus Besuchen in Ämtern und Bahnhöfen seltsam bekannt vorkommt. „Ich bin wahrscheinlich berufsbedingt ein Fan von Mechanik und Elektrik“, so Gerstel, „und dann kam es irgendwann mal, dass ich eine Bahnhofsuhr ganz cool fand.“ Das führte dann dazu, dass er sich nach und nach immer wieder zeitgeschichtliche Träume erfüllte und alte Haupt- und Nebenuhren kaufte. Eine eingefleischte Community, die bundesweit alte Uhren mit Genehmigung der Vorbesitzer aus alten Gebäuden ausbaut, sorgt für hochwertigen Nachschub trotz der vielen Jahrzehnte, die solche Uhren mitunter auf dem Buckel haben. Und selten landen diese Uhren in Lagern, sondern gehen wieder in Hobbyräumen und sogar Wohnzimmern in Betrieb, so auch bei Timo Gerstel.
Und tatsächlich hing die Uhr auch lange Zeit in seinen Räumen, bis er sich nach Rücksprache mit Volker Römer dazu entschloss, die Uhr dem Museum zu spenden. Die soll nun regelmäßig als eben „besonderes Objekt“ abwechselnd mit anderen Kuriositäten im Museum ausgestellt werden.