Stipendiaten des Programms „Designers in Residence“ für 2018

Von links: Tim Storti, Mirjam Hiller, Alexa Pollmann (Foto: Janusch Tschech)

Großes Bewerberfeld mit 170 Bewerbungen aus über 40 Ländern

(Lesezeit: 8 Minuten)

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Vor einer schwierigen Entscheidung stand die Jury des internationalen Stipendienprogramms „Designers in Residence“ am vergangenen Freitag: aus über 170 Bewerbungen aus mehr als 40 Ländern wählten Mirjam Hiller, Alexa Pollmann und Tim Storti die drei Stipendiaten aus, die von April bis Juni 2018 nach Pforzheim eingeladen werden. Der Produktdesigner James Boock, die Modedesignerin Ágnes Várnai und die Schmuckdesignerin Avital Chalemsky werden in diesem Zeitraum im EMMA – Kreativzentrum Pforzheim an ihren Projekten arbeiten. „Designers in Residence“ wird seit 2016 von der Stadt Pforzheim in Kooperation mit der Hochschule Pforzheim und dem Design Center Baden-Württemberg ausgeschrieben.

„Wir sind begeistert von der Qualität und der Anzahl an Bewerbungen aus der ganzen Welt, das zeigt uns die Relevanz und auch die Attraktivität unseres Stipendienprogramms“, sagt Almut Benkert, Fachbereichsleiterin Kreativwirtschaft beim Eigenbetrieb Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim.

„Die Auswahl der Stipendiaten war eine spannende Erfahrung, die Bandbreite der eingereichten Bewerbungen war unglaublich groß. Im Bereich Industriedesign etwa gab es Bewerbungen von klassischem Produktdesign über Lösungsideen für gesellschaftliche Probleme bis hin zu interdisziplinären Projektideen“, erzählt Tim Storti, Gründer und Geschäftsführer von PEARL CREATIVE und zum ersten Mal Juror bei „Designers in Residence“.

Diese Vielfalt sowohl der Nationalitäten als auch der eingereichten Projekte spiegeln die drei ausgewählten Designer wieder. James Boock etwa blickt mit seiner Projektidee in die Zukunft: der Produktdesigner aus Neuseeland möchte sich mit Künstlicher Intelligenz und den Beziehungen zwischen Menschen und Robotern auseinandersetzen und auch andere einladen, sich mit diesem aktuellen Thema zu beschäftigen. In welchen Lebensbereichen können und sollen Roboter zum Einsatz kommen? Welche Beziehungen können zwischen Mensch und Roboter entstehen? Boock plant, interaktive Objekte und Installationen zu gestalten, die zum Nachdenken über diese Fragestellungen bewegen und verschiedene Aspekte des zukünftigen Umgangs mit künstlicher Intelligenz beleuchten.

„Das Produktdesign muss sich den Herausforderungen stellen, den die digitale Transformation mit sich bringt. Wir sind gespannt, wie sich James Boock in seiner Arbeit im EMMA – Kreativzentrum Pforzheim mit dieser Thematik – der Interaktion von Mensch und Maschine mit künstlicher Intelligenz – auseinandersetzen wird“, so Tim Storti.

James Boock wurde 1990 in Dunedin, Neuseeland geboren, aktuell lebt und arbeitet er in London. 2013 schloss er sein Industriedesign-Studium an der Victoria University of Wellington in Neuseeland ab. Im Anschluss absolvierte er ein Masterstudium in Produktdesign am Royal College of Art in London. James Boock ist Mitbegründer des Londoner Design-Studios „Dubloon“ und arbeitet darüber hinaus auch als Freelancer für zahlreiche Designstudios. Seine Arbeiten wurden bereits weltweit ausgestellt.

Der Priester des Veganismus, das Kapitalorakel, der Anti-Aging-Prophet und der Gluten-Schamane: In Zeiten, in denen die Umwelt immer schneller und komplexer wird und auf den ersten Blick kaum Platz für Religion und Spiritualität bleibt, wenden sich die Menschen laut der Modedesignerin Ágnes Várnai diesen neuen „Göttern“ zu und huldigen dem Gesundheits-, Schönheits- oder Konsumwahn. In ihrem Projekt „Glue in Reality“ (etwa: in der Realität festkleben) erschafft die Ungarin eine Kombination aus Augmented Reality, Mode und multimedialen Installationen und erforscht so neue Formen der Spiritualität. „Ágnes Várnai hat uns mit ihrem detailliert ausgearbeiteten Konzept, einem hohen Grad an Innovation und ihrem interdisziplinären Ansatz überzeugt“, erklärt Alexa Pollmann. „Gerade in der Mode-Industrie brauchen wir solche Querdenker, die sich mit neuen Formen der Selbstdarstellung auseinandersetzen  – eine Aufgabe, die mehr und mehr im digitalen Raum stattfindet“.

Ágnes Várnai, geboren 1990 in Ungarn, studierte Modedesign an der Universität für angewandte Künste in Wien, zunächst bei Bernhard Wilhelm, später bei Hussein Chalayan. Sie nahm an verschiedenen Ausstellungen und Modeschauen teil und arbeitete im Design-Team des Chalayan-Studios in London. 2014 erhielt sie den Rondo-Vöslauer Modepreis und den Swarovski-Award. Aktuell lebt und arbeitet sie in Wien.

Die israelische Schmuckdesignerin Avital Chalemsky beschäftigt sich damit, wie Emotionen durch Bewegungen ausgedrückt werden. In ihrer Abschlussarbeit an der Bezalel Academy of Arts and Design in Jerusalem entwickelte sie hierzu ein Verfahren, um Bewegungen des Körpers abzuformen und in Schmuckstücke zu übertragen: Sie lötet kleine Metallteile zu stabilen Oberflächen oder Körpern zusammen. Während des Stipendiums möchte sie an diesem Verfahren weiterarbeiten und mit neuen Techniken und Materialien experimentieren, etwa mit der Emaille-Technik. „Der Umgang mit dem Material, die Experimentierlust sowie die Kraft und der emotionale Gehalt der Arbeitsproben von Avital Chalemsky zeigen großes Potential für weitere Entwicklung“, begründet Mirjam Hiller die Entscheidung der Jury.

Avital Chalemsky, 1991 in Jerusalem geboren, studierte von 2013 bis 2017 Schmuck an der Bezalel Academy of Arts an Design in Jerusalem. Im Jahr 2015 erhielt sie den „Romi Shapiro Judaica-Award“. 2017 wurden ihre Arbeiten auf der International Graduate Show der Galerie Marzee in Nijmengen, Niederlande, in der „gallery of Art“ in Legnica in Polen sowie an der Academy of Fine Arts in Lodz, Polen, ausgestellt. Aktuell arbeitet sie als Werkstattleiterin für Schmuck an der Bezalel Academy of Fine Arts.

„Junge Designer haben wenige Möglichkeiten, sich nach dem Studium voll und ganz auf eigene Projekte zu konzentrieren. Umso wichtiger ist es, ihnen mit einem Programm wie Designers in Residence diesen Raum zu geben“, sagt Alexa Pollmann. „Das Stipendium bietet den Designern die Chance, ihren Horizont zu erweitern, neue Möglichkeiten auszutesten und abseits der üblichen Kategorien zu denken. Ich wünsche den drei Stipoendiaten eine intensive Zeit im EMMA und bin gespannt auf die Projekte“, ergänzt Mirjam Hiller.

Die drei Designer werden von April bis Juni 2018 in Pforzheim wohnen und im EMMA – Kreativzentrum Pforzheim an ihren Projekten arbeiten.

Für den Zeitraum des Stipendiums erhalten die Designer eine kostenlose Unterkunft sowie eine monatliche finanzielle Förderung. Darüber hinaus können die Stipendiaten die Infrastruktur und die Angebote der Fakultät für Gestaltung der Hochschule Pforzheim im Rahmen des Stipendiums nutzen. Im Anschluss werden die Ergebnisse der Arbeitsstipendien in einem Katalog dokumentiert und in Ausstellungen im Kreativzentrum sowie im Design Center Baden-Württemberg, Stuttgart, präsentiert.

Informationen zur Jury

Alexa Pollmann studierte Modedesign an der Fakultät für Gestaltung der Hochschule Pforzheim und Design Interactions am Royal College of Art in London. 2014 gründete sie die Plattform Peut-Porter, außerdem leitet sie den Master-Studiengang Wearable Futures am Ravensbourne College, London, und hält Workshops an Institutionen wie dem ZKM, Karlsruhe, oder dem Victoria & Albert Museum, London.

Mirjam Hiller absolvierte eine Ausbildung an der Goldschmiedeschule in Pforzheim und studierte anschließend Schmuck und Gerät an der Fakultät für Gestaltung der Hochschule Pforzheim. Für ihre Arbeiten wurde sie mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem inhorgenta europe Innovationspreis oder den Grassipreis der Galerie Slavik.

Tim Storti studierte Industrial Design an der Fachhochschule Pforzheim und arbeitete zunächst als Produktdesigner bei Phoenix Design in Stuttgart. 2000 gründete er gemeinsam mit Christian Rummel das Designstudio PEARL CREATIVE, dessen Geschäftsführer und Kreativdirektor er ist. Das Studio wurde für seine Arbeit mit über 70 internationalen Designpreisen ausgezeichnet.

EMMA – Kreativzentrum Pforzheim

Das EMMA – Kreativzentrum Pforzheim ist die zentrale Plattform für Pforzheims Kreative. In einem ehemaligen Jugendstilbad an der Enz gelegen, bietet das Kreativzentrum auf einer Fläche von 3.000 Quadratmeter Werkstatt-und Coworking-Arbeitsplätze, Ateliers, Büros und Ausstellungsflächen. Auch die Stadt selbst zeichnet sich durch eine lebendige Kreativszene mit Schwerpunkt auf den Bereich Design aus. Zahlreiche Hochschulabsolventen, Existenzgründer, Freelancer und Unternehmen aus der Kreativwirtschaft arbeiten in Pforzheim und beleben den Standort.

„Designers in Residence“ wird unterstützt von der Sparkasse Pforzheim Calw, C. Hafner GmbH + Co.KG, Agosi Allgemeine Gold- und Silberscheideanstalt AG, dem Rotary Club Pforzheim-Schloßberg und yellow design gmbh.

Quelle(n): pm

Besim Karadeniz
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