Empfehlungen für neue Grundsteuersätze werden dem Gemeinderat vorgelegt. Größere Verschiebungen werden dennoch erwartet.
(Lesezeit: 4 Minuten)Um die Grundsteuerreform in Baden-Württemberg ab 2025 fristgerecht umzusetzen, muss der Gemeinderat die Hebesätze für die Grundsteuer A und B festlegen. Die Vorberatung erfolgt am 10. Dezember 2024 im Hauptausschuss, der Beschluss am 17. Dezember.
Erster Bürgermeister und Finanzdezernent Dirk Büscher zeigt sich in einer Mitteilung der Stadt ernüchtert: „Das Land Baden-Württemberg nimmt die politische Brisanz, die sich aus der Reform ergibt, offenbar zu Lasten der Kommunen in Kauf. Mit erheblichen Protesten von eklatant betroffenen Bürgern ist nachvollziehbarerweise zu rechnen, insgesamt kann das Modell In Bezug auf die Minderbelastungen von Gewerbe und die Mehrbelastung von Wohnen als sehr ungerecht und unbefriedigend bezeichnet werden.“ Als Stadt habe man „leider“ keine Klagebefugnis gegen die Reform als Ganzes. „Wir können die Kuh nicht vom Eis holen, die uns das Land hingestellt hat“, sagt Dirk Büscher. „Wir sind gezwungen, eine aus unserer Sicht sehr ungerechte Reform rechtskonform umzusetzen.“ Da es nur einen einheitlichen Hebesatz für die Grundsteuer B gibt, sind Differenzierungen zwischen unterschiedlich belasteten Objekten nicht möglich. Dadurch sei man „in der eigenen Handlungsfähigkeit völlig eingeschnürt“.
In den letzten Monaten erstellte das Finanzamt auf Basis der Rückmeldungen der Grundstücksbesitzer neue Grundsteuermessbescheide. Diese bilden die Grundlage für die künftigen Hebesätze, die aufkommensneutral sein sollen. Das bedeutet, dass die Gesamteinnahmen gleichbleiben sollen. Für die Grundsteuer A wird ein Jahresvolumen von 65.000 Euro, für die Grundsteuer B von 29,6 Millionen Euro angestrebt.
Um diese Jahresaufkommen zu erreichen, müsste der Gemeinderat den Hebesatz in Pforzheim für die Grundsteuer A bei 517 von Hundert, für die Grundsteuer B bei 464 von Hundert festlegen. Letzterer könnte damit sogar um 86 Punkte gesenkt werden. Trotzdem führt die Reform zu besonderen Belastungsverschiebungen, die durch das modifizierte Bodenwertmodell entstehen, das nur in Baden-Württemberg gilt und von der Stadt Pforzheim deutlich kritisiert wird.
Neben den aufkommensneutral gestalteten Hebesätzen stellt die Verwaltung dem Gemeinderat daher beispielhaft zwei weitere Beschlussvarianten für die Grundsteuer B dar: einen halbierten Hebesatz in Höhe von 232 von Hundert, der allerdings auch zu einer Halbierung der prognostizierten Einnahmen in Höhe von 14,8 Millionen Euro pro Jahr führen würde. Die dritte Variante, ein Hebesatz in Höhe von 8 von Hundert, würde die maximal mögliche Belastung für Steuerzahlende auf ein Vierfaches begrenzen. Damit wären jedoch nur noch prognostizierte Einnahmen von circa 500.000 Euro pro Jahr erzielbar, bis 2028 würde sich die Einnahmeausfälle auf insgesamt rund 116 Millionen Euro summieren.
Die vom Gemeinderat verabschiedeten Hebesätze sollen im zweiten Halbjahr 2025 evaluiert und der Rat informiert werden.
Wie geht es nun weiter in Sachen Grundsteuerreform?
Besitzer von Ein- und Zweifamilienhäusern müssen mit einer Mehrbelastung von durchschnittlich 85 Prozent der bisherigen Steuerzahlung rechnen, Eigentümer unbebauter Grundstücke sogar mit durchschnittlich 342 Prozent. Eigentümer von Wohnungen und Mietwohngrundstücken zahlen im Schnitt 21 Prozent weniger, Gewerbegrundstücke werden um 43 Prozent entlastet. Rund 40 Prozent der Objekte werden mehrbelastet, 95 Prozent davon bis 2.000 Euro pro Jahr. Dabei handelt es sich immer nur um Durchschnittswerte. In der Einzelbetrachtung gibt es in jeder Objektart Gewinner und Verlierer.
Für Wohnobjekte wird die Steuermesszahl um 30 Prozent reduziert, was die Belastungsverschiebungen nicht ausgleicht. Boch und Büscher forderten daher eine stärkere Senkung.
Nach Beschluss der Hebesätze versendet die Stadtverwaltung Anfang 2025 die neuen Grundsteuerbescheide. Bürgeranfragen werden über eine zentrale Telefondurchwahl und ein E-Mail-Postfach beantwortet. Informationen zur Reform stehen auf der städtischen Website bereit.
Quelle(n): pm