Plastikmüll für die Forschung

Sammeln Plastikflaschen für die Forschung: Projekt-Team Nadine Nowak und Sven Häuser, Erstplatzierter Marco Dittmann, Prof. Dr.-Ing. Jörg Woidasky, Drittplatzierte Bettina Dietz und Projektmitarbeiter Christian Klinke (von links). Foto: Hochschule Pforzheim

Studenten sammeln mindestens eine Woche lang ihre pfandfreien Kunststoffflaschen für ein hauseigenes Forschungsprojekt.

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Ein studentisches Projekt-Team aus dem Bereich Wirtschaftsingenieurwesen hat auf dem Campus der Hochschule Pforzheim zu einer groß angelegten Sammlung von Einweg-Plastik-Verpackungen aufgerufen, um Erkenntnisse für ein Forschungsprojekt zusammenzutragen. Gleichzeitig will das Team Sensibilität für das Ausmaß an Müllaufkommen erzeugen.

Studierende und Mitarbeiter der Hochschule Pforzheim waren in diesem Sommer aufgerufen an einer großen Plastikmüll-Sammelaktion im Namen der Forschung teilzunehmen. Die Aufgabe: Mindestens eine Woche lang alle pfandfreien Einweg-Kunststoffflaschen aus dem eigenen Haushalt sammeln und gebündelt in den Sammelbehälter in Form einer überdimensionierten, eigens für diesen Zweck gebauten Plastikflasche auf dem Campus einzuwerfen. Versehen mit einem Teilnehmerbogen, der den Zeitraum der Sammlung, die Anzahl der im Haushalt lebenden Personen und die Kontaktdaten der Sammler für den glücklichen Fall des Losgewinns enthielt. Der Aktionszeitraum ist nun zu Ende, über die Geldgewinne in Höhe von 100 Euro, 50 Euro und 25 Euro freuten sich der erstplatzierte Mechatronik-Student Marco Dittmann, die REM-Studentin Vanessa Roderer und die Mitarbeiterin Bettina Dietz aus dem Bereich International Business, die ihren Geldgewinn an die studentische Initiative „Initiaid“ spenden wird.

Die Studierenden Sebastian Kunde und Sven Häuser sowie Nadine Nowak haben nun im Rahmen ihres interdisziplinären Projekts unter der Leitung von Professor Dr. Jörg Woidasky, der im Bereich Wirtschaftsingenieurwesen in der nachhaltigen Produktentwicklung lehrt und forscht, und Projektmitarbeiter Christian Klinke die Aufgabe, die gesammelten Daten auszuwerten und für das Forschungsprojekt MaRek (markerbasiertes Sortier- und Recyclingsystem für Kunststoffverpackungen) aufzubereiten. Sie untersuchen dabei die Kunststoffverpackungen um herauszufinden, wie recyclefähig das Material ist und wie man die Recyclingfähigkeit noch verbessern könnte.

Jährlich werden in Deutschland etwa drei Millionen Tonnen Verpackungsabfälle produziert. Die Tendenz ist steigend, die Frage nach der Wiederverwendung eines möglichst großen Anteils dieses Plastikabfalls wird deshalb immer drängender. Aber wie lassen sich aus diesen Abfällen hochwertige Sekundärrohstoffe gewinnen? Mit diesen Fragen beschäftigt sich das Forschungsprojekt MaReK, an dem das Institut für Industrial Ecology der Hochschule Pforzheim neben dem KIT als wissenschaftlicher Partner mitwirkt. Zusammen mit drei Industrieunternehmen arbeiten die Professoren Dr. Jörg Woidasky und Dr. Claus Lang-Koetz als Verbundkoordinatoren an der Entwicklung eines neuen Sortiersystems für Kunststoffabfälle.

Was passiert am Lebensende von Kunststoffen und Kunststoffverpackungen? Die hochwertige Verwertung von Kunststoffverpackungen funktioniert aus technischen und wirtschaftlichen Gründen noch nicht besonders gut: Nicht gefährliche Kunststoffabfälle dürfen in Nicht-OECD-Länder verbracht werden, so dass es einen erheblichen Abfluss vor allem nach Asien gibt. Die aktuell bewährten Sortiertechniken erreichen angesichts der Weiterentwicklung der Verpackungs- und Werkstofftechnik ihre Grenzen: Denn auch die Qualitätsanforderungen für Rezyklate (Sekundärrohstoffe als Basis für die Herstellung von Qualitäts-Neuprodukten) steigen, zum Beispiel um eine Wiederverwertung im Verpackungsbereich zu ermöglichen.

Hier gibt es noch Steigerungspotentiale, auch für den Verpackungsbereich. Das Forschungsprojekt MaReK hat es sich zur Aufgabe gemacht zu einem verbesserten Kunststoffrecycling beizutragen: Durch den Aufbau eines markerbasierten Sortier- und Recyclingsystems, das von der Verpackungsentwicklung über die Sortiertechnik bis hin zur hochwertigen werkstofflichen Verwertung alles abbildet. Grundlage des Projektes ist die vom Projektpartner Polysecure entwickelte und patentierte Tracer-Based Sorting-Technologie. Mit ihr können bei der Sortierung von Kunststoffen nicht nur wie bisher verschiedene Kunststoffarten, sondern weitere Eigenschaften unterschieden werden, zum Beispiel bestimmte Zusammensetzungen oder Verwendungsarten. Das ist sehr relevant für das Stoffstrommanagement in dualen Systemen wie dem „Grünen Punkt“. Im MaReK-Projekt wird die Einbindung und Umsetzung des Markeransatzes im bestehenden System untersucht. Deren Anwendung zur Kunststoffsortierung wird im Projekt pilothaft entwickelt und industrierelevant getestet. Technischer Kern ist dabei die Entwicklung und Erprobung einer Kombination aus Verpackungskennzeichnung und darauf abgestimmtem Sortierverfahren zur Gewinnung sortenreiner Kunststoffe. Geschwindigkeit, Effektivität und Wirtschaftlichkeit der Sortierung verschiedener Zusammensetzungen der Sammelfraktionen werden unter industrierelevanten Randbedingungen untersucht.

Im Projekt wird die gesamte Wertschöpfungskette des Verpackungslebenszyklus vom Design über die Verfahrensentwicklung für Marker-Applikation und Sortierung bis zur Rückgewinnung der Werkstoffe adressiert. Ansätze einer neuen Verpackungsgovernance werden mit den relevanten Stakeholdern ausgearbeitet und sollen mittelfristig neben den technischen Ergebnissen des Vorhabens als Grundlage für den nachhaltigeren Verpackungseinsatz dienen.

Quelle(n): pm

Besim Karadeniz
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