Revolution am Operationstisch

Prof. Dr. Wolfram Lamadé (Chefarzt Allgemein-, Viszeral und Gefässchirurgie), Dr. Michael Klopp (Chefarzt Thoraxchirurgie), Dr. Shaojian Ji (Leitender Oberarzt Geburtshilfe und Gynäkologie), Dr. Zoltan Derzsy (Chefarzt Geburtshilfe und Gynäkologie) und Shu Fon Muna (Chefarzt Urologie) stellen den neuen DaVinci-Xi-Operationsroboter am Helios Klinikum Pforzheim vor

Auch das Helios Klinikum Pforzheim startet robotergestützte Operationen mit DaVinci-System.

(Lesezeit: 5 Minuten)

Hinweis: Dies ist ein Archivbeitrag.
Dieser Beitrag ist im Archiv von PF-BITS. Hier eventuell angegebene Telefon- und Kontaktmöglichkeiten sowie Terminangaben sind möglicherweise nicht mehr aktuell.

Kennen Sie den Unterschied zwischen einem Computerfreak und einem Nerd? Computerfreaks glauben, sich mit einer bestimmten Materie auszukennen und verteidigen ihr Halbwissen. Nerds hingegen wissen, dass sie sich auskennen und wollen ihr Wissen auch teilen. Nun sind im Medizinbetrieb und insbesondere in der Chirurgie die Begrifflichkeiten „Freaks“ und „Nerds“ eher nicht zu Hause, was sich aber mit der robotergestützten Chirurgie ändern dürfte.

Nachdem bereits im Siloah St. Trudpert Klinikum und in der Goldstadt-Privatklinik jeweils mit einem modernen DaVinci-System des kalifornischen Herstellers Intuitive Surgical robotergestützt operiert werden kann, hat nun seit September 2022 auch das Helios Klinikum Pforzheim mit dem DaVinci-Xi-System die neueste Generation der DaVinci-Operationsroboter und operiert mit diesem Gerät bereits seit November erfolgreich. Damit dürfte Pforzheim mit gleich drei installierten DaVinci-Systemen eine extrem hohe Dichte an solchen Gerätschaften haben. Das auch im Hinblick darauf, dass im Jahr 2020 erst rund 220 DaVinci-Systeme in Deutschland im Einsatz waren. Auch das führt dazu, dass sich viele Krankenhäuser spezialisieren und viele Ärzte (und auch Patienten) gezielt solche Krankenhäuser für Operationen auswählen.

Schonenderes Operieren

Und auch wenn der OP-Roboter, von dem das Helios Klinikum neben dem „Original“ im Operationssaal noch ein baugleiches Schulungsgerät besitzt, reichlich martialisch aussieht, steht der Roboter für schonenderes Operieren zum Wohle des Patienten – und auch des Chirurgen. Das Kernstück dabei sind die vier Arme des Roboters, die neben einer dreidimensionalen Kamera auch noch bis zu drei austauschbare Operationsinstrumente tragen können und die mit jeweils kleinen Schnitten in die Bauchdecke in den Körper eingeführt werden. Diese werden dann von einer Steuerkonsole aus live vom Chirurgen geführt.

Auch wenn man sich unter einem Roboter üblicherweise ein vollautomatisch arbeitendes Gerät vorstellt – DaVinci-Operationsroboter werden immer von einem menschlichen Chirurgen geführt.

Tatsächlich bringen Operationsroboter eine Reihe von Revolutionen in den OP-Saal, auch wenn die Operationsergebnisse gleichwertig zur bisherigen „Schlüssellochchirurgie“ sind. So sind nun selbst komplexe Operationen, die bisher nicht mit starren endoskopischen Gerätschaften via Schlüsselloch behandelt werden konnten, möglich. Das gelingt dadurch, dass die voll beweglichen Arme und Spitzen des Robotersystems sehr fein von beiden Händen des Chirurgs gesteuert werden. Der wiederum kann beide Hände weitgehend frei dreidimensional bewegen und damit Instrumente auf kleinstem Raum beispielsweise auch „hintenrum“ ansetzen. Und selbst auch die klassische Naht mit Nadel und Faden ist möglich und wird praktiziert.

Am DaVinci-Schulungssystem werden komplexe Griffe geübt, auch klassisch mit Nadel und Faden

Auf diese Weise ist das Operieren für Patient und auch für den Arzt deutlich schonender. Eventuelles Handzittern filtert das System automatisch mit einer Tremorfiltration aus und die Sicherheit geht so weit, dass Sensoren an der Konsole erkennen, wenn der Chirurg seinen Kopf von der Konsole wegbewegt. In so einem Fall bringt das System die Steuerarme dann automatisch zum Stillstand. Und nicht zuletzt sorgt das System mit seiner optischen Genauigkeit für deutlich bessere Einblicke. So können mehrere Ärzte das gleiche Bild aus dem Körper mit beobachten und sehen gemeinsam mehr, als nur ein Arzt. Für weniger Blutungen sorgt der Umstand, dass innerhalb des Körpers für die Zeit der Operation ein höherer Druck aufgebaut wird.

Nutzung im Helios in mehreren Disziplinen

Eingesetzt wird im Helios Klinikum Pforzheim das DaVinci-System in verschiedenen medizinischen Bereichen. Zukünftig sollen Operationen in der Allgemein- und Viszeralchirurgie sowie der Thoraxchirurgie durchgeführt werden. Schon heute eingesetzt wird der Operationsroboter in der Frauenheilkunde und in der Urologie unter dem neuen Chefarzt Shu Fon Muna: „Ausgestattet mit innovativer Technologie ist der DaVinci auf seine Weise übermenschlich. Denn die Instrumente können in deutlich mehr Freiheitsgraden bewegt werden, als ich meine Hand je bewegen könnte.“

Dr. Shaojian Ji, Leitender Oberarzt Gynäkologie, zeigt diese Virtuosität von Gerät und Arzt gleich direkt am Schulungsgerät. Und auch wenn es hier nur darum ging, Gummibänder von einem Kegel auf den anderen zu bugsieren, kann man das mit Vergrößerung und dreidimensionalen Bild aus einer buchstäblich ganz neuen Perspektive tun.

„Nerdig“ in der Chirurgie

Warum nun auch Nerds in der Chirurgie, oder anders gefragt: Macht das Operieren mit dem Operationsroboter mehr Spaß (wobei die meisten Menschen auf diesen „Spaß“ so oder so verzichten könnten)? Auf diese Frage antworten Dr. Shaojian Ji und seine Kollegen Dr. Zoltan Derzsy und Dr. Michael Klopp unisono mit einem schnellen und deutlichen Ja antworten, ohne aber zu vernachlässigen, dass der Patient nach einer Aufklärung immer selbst die Entscheidung darüber trifft, ob er herkömmlich oder minimalinvasiv per OP-Roboter operiert werden möchte.

Dies ist ein umfangreich recherchierter Beitrag – für Sie!

Recherche-intensive Artikel in PF-BITS werden maßgeblich durch die Mitgliedschaft engagierter Leser finanziert. Finden Sie gut, was wir hier tun? Dann zeigen Sie es uns auch mit Ihrer Wertschätzung!

Unterstützen auch Sie PF-BITS mit einem regelmäßigen Beitrag zur Förderung unserer publizistischen Arbeit.

Besim Karadeniz
Über Besim Karadeniz 4333 Artikel
Besim Karadeniz (bka), Jahrgang 1975, ist Autor und Erfinder von PF-BITS seit 2016. Er ist beruflich selbstständiger Web-Berater und -Entwickler. Neben PF-BITS betreut er mehrere weitere Online-Projekte und kann auf einen inzwischen über 25-jährigen Online-Erfahrungsschatz zurückblicken. Neben der technischen Betreuung von PF-BITS schreibt er regelmäßig Artikel und Kolumnen und ist zuständig für den Kontakt zu Partnern und Autoren.