Äpfel und Birnen bei der Diskussion um Innenstadt-Ost

Pforzheim-Flagge auf dem Neuen Rathaus

Die Herausforderung bei einer klammen Kasse liegt nicht darin, alles abzulehnen, was Geld kostet, sondern bei allen Projekten eine vernünftige Kosten-Nutzen-Analyse vorzunehmen. Warum Investieren nichts mit Totsparen zu tun haben darf.

(Lesezeit: 4 Minuten)

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Eigentlich ist es gar nicht so schwer, das Sparen. Man behält Geld zurück, was man nicht braucht, um es für schlechte Zeiten zu haben. Drängender wird das Sparen schon, wenn man kein Geld zum Zurücklegen hat und etwas kaufen muss. Sparen in höchster Kunstfertigkeit ist das Verwalten von knappem Geld mit der Maßgabe, Reserven zu behalten, das “Tagesgeschäft” zu finanzieren und langfristige Investitionsobjekte zu realisieren, die wiederum die Kassenlage langfristig positiv befeuern können.

Da sind wir dann schon bei der Planung eines kommunalen Finanzhaushaltes. Ein Job für Harte und eigentlich wenig Raum für einfache Worte.

Das Projekt Innenstadt-Ost und die Verführung einfacher Worte

In der mitunter recht schrill geführten Diskussion rund um das Projekt Innenstadt-Ost gibt es mitunter haarsträubende Argumentationen in der Öffentlichkeit, die an den Kopf fassen lassen.

  1. Es sei zu teuer mit geschätzten 100 Millionen Euro – ohne zu sagen, dass die besagten 100 Millionen Euro als Investitionssumme vom privatwirtschaftlichen Partner kommen und die Stadt für den Kauf von Grundstücken und vorbereitende Maßnahmen einen Betrag von deutlich unter 20 Millionen Euro aufwenden muss (und von dem rund die Hälfte bereits investiert ist mit dem Kauf von Grundstücken).
  2. Es sei schade um das Technische Rathaus, das bei der Realisierung des Projekts Innenstadt-Ost wegfallen würde – ohne dabei zu sagen, dass das Technische Rathaus stark sanierungsbedürftig ist und schon heute ein Neubau günstiger kommen könnte.
  3. Der Wegfall der Schloßbergauffahrt würde den Verkehr zusammenbrechen lassen – ohne dabei zu sagen, dass schon heute der Schloßberg durch den Innenstadtring entlastet wird und der Schloßberg eine neuzeitliche Entwicklung ist, der für eine autofahrerfreundliche Stadt gedacht war, aber letztlich nur zum Durchfahren einlud und zu keinem Zeitpunkt der Aufenthaltsqualität in der Innenstadt förderlich war.
  4. Der Wegfall der Parkplätze im Rathausinnenhof würde die Parksituation noch weiter verschärfen – ohne dabei die Frage zu beantworten, warum Autos in einer modernen Innenstadt überirdisch parken müssen und damit wertvollsten Platz vergeuden.

Was nicht alleinig zum Spiel dazugehören darf, ist das plumpe Spiel mit Emotionen. Wenn wir alle nur noch damit argumentieren, dass zum Beispiel unsere Kindheit auf dem Marktplatz an der damals noch befahrenen Westlichen so schön war, dann blenden wir gern aus, dass es heute viel mehr Autos gibt, als früher. Und wenn wir in der Nostalgie des damals florierenden Handels schwelgen, dann müssen wir heute sehen, dass sich der Einzelhandel in den letzten Jahrzehnten (schon weit vor Amazon) fundamental gewandelt hat.

Mehr Verantwortung von der Politik, bitte!

Nichts ist so, wie es einmal war und es wird voraussichtlich auch nie wieder so. Eine Stadt ist kein Museum und auch kein Unterhaltungspark. Unsere Aufgabe ist es auch, in die Zukunft zu denken und dafür Geldmittel bereitzustellen. Und unsere Aufgabe ist es vor allem auch, diese mitunter stark bewegenden Diskussionen sachlich zu führen.

Stadtentwicklung ist eine Sache, die eine gehörige Portion Expertenrat und Fachleute benötigt – und einen Gemeinderat, der als Bürgervertretung die Verantwortung auf sich genommen hat, sich in diese Themen einzuarbeiten. Diese fachliche Verantwortung mit einer gehörigen Portion Emotionen dann in einen Bürgerentscheid abzukippen, ist zu einfach gespielt in einer Welt, die sich nicht in eine Frage gießen lässt, die dann wiederum nur mit Ja oder Nein beantwortet werden soll.

Wer glaubt, ständig geführte Basisdemokratie sei die beste Form, um der Basis die Verantwortung auch für komplizierteste Sachverhalte in die Hand zu geben, hat entweder die repräsentative Demokratie nicht verstanden oder spielt bewusst ein gefährliches Spiel.

Besim Karadeniz
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Besim Karadeniz (bka), Jahrgang 1975, ist Autor und Erfinder von PF-BITS seit 2016. Er ist beruflich selbstständiger Web-Berater und -Entwickler. Neben PF-BITS betreut er mehrere weitere Online-Projekte und kann auf einen inzwischen über 25-jährigen Online-Erfahrungsschatz zurückblicken. Neben der technischen Betreuung von PF-BITS schreibt er regelmäßig Artikel und Kolumnen und ist zuständig für den Kontakt zu Partnern und Autoren.