
Für Kommunen ist die Gewerbesteuer die wichtigste direkte Steuereinnahme. Gleichzeitig ist sie ein wichtiges Werkzeug für die Attraktivität einer Kommune.
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Die Gewerbesteuer als Werkzeug für Strukturmaßnahmen
An den Unterschieden des Gewerbesteuerhebesatzes und damit der Höhe der Gewerbesteuer zwischen Pforzheim und dem Enzkreis wird deutlich, welche Aufgabe die Gewerbesteuer neben der Steuereinnahme noch hat – nämlich als Struktursteuerungsinstrument. Niedrige Gewerbesteuersätze können Unternehmen dazu verleiten, langfristig ihren Sitz von einer Region mit höheren Gewerbesteuersätzen in eine günstigere Region zu verlagern. Und in der Tat haben viele Unternehmen auch in unserer Region diese Möglichkeit dazu genutzt und sich im Enzkreis angesiedelt, auch aus gewerbesteuerlichen Gründen. Für eine Kommune ist eine höhere Gewerbesteuer aber auch aus anderen Gründen als höhere Steuereinnahmen sinnvoll. Ein eindrucksvolles Beispiel ist hier die nordrhein-westfälische Stadt Monheim am Rhein. Denn tatsächlich konnte der Ort, nachdem im April 2012 der Gewerbesteuerhebesatz von 435 auf spektakuläre 300 Punkte und inzwischen auf 250 Punkte abgesenkt wurde, danach einen starken wirtschaftlichen Aufschwung verzeichnen. Das allerdings konnte sich der Ort auch leisten, da rund ein Drittel der bebauten Fläche bestehende oder geplante Gewerbeflächen sind und für die erhöhte Nachfrage damit auch ein entsprechendes Angebot existiert. Das führte dann erwartungsgemäß dazu, dass viele Firmen im Umkreis ihren Sitz nach Monheim verlegten. Die Probleme eines solch niedrigen Hebesatzes zeigen sich aber mittel- und langfristig umso dramatischer:- Einen Teil der stark gestiegenen Gewerbesteuer muss Monheim durch einen landesweiten Finanzausgleich an andere, finanzschwächere Kommunen im Land abführen. Dazu wird in einer Region ein Durchschnittswert der Gewerbesteuerhebesätze in den Kommunen errechnet und alle Kommunen, die unter diesem Durchschnitt liegen, müssen entsprechende Abgaben abführen.
- In den Nachbarkommunen von Monheim wuchs schon bald der Unmut über die Stadtoberen von Monheim. Dort ist man logischerweise nicht glücklich darüber, wenn Firmen nach Monheim abwandern. Noch dramatischer wird dieser Unmut, wenn Firmen nur ihren Firmensitz mit einem sprichwörtlichen Briefkasten nach Monheim verlegen, Produktionsstätten aber in den bisherigen Kommunen verbleiben. Nachbarkommunen bleiben auf den Strukturkosten für diese Unternehmen weitgehend sitzen, während Monheim einen Großteil der Gewerbesteuereinnahmen einstreicht.
- Noch dramatischer sind langfristige Strukturverzerrungen im Bezug auf Preise für Mieten und Immobilienkäufe, die in Gemeinden mit längeren Phasen mit niedrigen Gewerbesteuern deutlich stärker ansteigen, als in der Umgebung. Gleichzeitig steigt die Erfordernis für einen Ausbau der Straßen- und Nahverkehrsinfrastruktur an, da durch die Strukturverzerrungen viele Menschen zwar lieber in einer gewerbesteuergünstigen Stadt arbeiten, sich ein dort stetig teurer werdendes Leben nicht leisten wollen oder können.