Was ein Outlet ist und was nicht

Ehemaliges Bader-Versandzentrum im Brötzinger Tal

Ein Outlet ist für Verbraucher eine tolle Sache, für Stadt und Region aber durchaus eine einschneidende Einrichtung. Ein Für und Wider.

(Lesezeit: 4 Minuten)

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Die Nachricht hat letzte Woche viele in Pforzheim elektrisiert. Investoren rund um das Versandhaus Bader stellen Pläne vor, das Versandzentrum des Versandhauses Bader im Brötzinger Tal zu einem Outlet umzubauen. Das kann man aus mehreren Perspektiven sehen.

Ein Outlet als Chance für Besucher

Mit einer geplanten Verkaufsfläche von 24.000 Quadratmetern in einem Gebäude mit rund 70.000 Quadratmetern Bruttofläche wäre das “Bader-Outlet” auf einen Schlag eines der größten Outlets in Deutschland und sofort in der Top 3. Dort thronen derzeit die “Outlet-City Metzingen” (über 30.000 Quadratmetern) und “The Style Outlets” in Zweibrücken (rund 21.000 Quadratmeter).

Und zwei weitere, schwergewichtige Argumente sprächen für ein Outlet, nämlich die Chance auf bis zu 1.000 Arbeitsplätze und eine direkte Anbindung an die in Bau befindliche Westtangente, die nach dem Bau des Arlinger-Tunnels und eines Brückenbauwerks an der Wildbader Straße quasi direkt vor der Haustüre enden wird. Fünf Minuten von der Autobahn entfernt und gleichzeitig der ideale Ort, um gleich in den Schwarzwald weiterzureisen. Das dürfte auch die Besucherzahlen in der Stadt beeinflussen, wenn der ein oder andere Schnäppchenjäger den Tag auch für den Besuch der Outlet-Stadt nutzt.

Das zu den Chancen.

Was ein Outlet nicht sein kann

Schon kurz nach der Outlet-Vorstellungen kamen die ersten Stimmen, die im Outlet die vermeintliche Chance sehen, damit das “Prestigeprojekt” Innenstadt-Ost verhindern zu können. Kurzum: Das wäre fatal, ebenso wie einige andere Gedanken bedenkenswert sind.

Pforzheims Innenstadt braucht seit vielen Jahren eine Aufwertung und vor allem eine Anpassung an zeitgemäßes Einkaufsverhalten. Dazu gehören Verkaufsflächen, die kleiner sind als komplette Kaufhäuser, gleichzeitig aber größer als die, die bisher für den familiengeführten Einzelhändler mit beschränktem Sortiment ausreichten. Solche Flächen in attraktiver Lage sind in allen Städten mit alter Bausubstanz Mangelware und können am ehesten in großflächigen Innenstadtprojekten wie Einkaufszentren oder eben Quartiersentwicklungen realisiert werden. Das ist die wirtschaftliche Basis für das Projekt Innenstadt-Ost und zumindest unter Fachleuten weitgehend Konsens.

Klar ist auch, dass ein Outlet vor der Türe durchaus messbar Kaufkraft abzieht. Auch hier das Beispiel des Outlets in Metzingen, das nach Zahlen der Nachbarstädte Reutlingen und Tübingen dort jeweils 10 bis 20 Prozent Kaufkraft bei relevanten Warengruppen im Bekleidungssegment kostet. Das tut großen Kaufhäusern weh, ist aber für kleine Einzelhändler mitunter der letzte Todesstoß. Für Pforzheim kommt erschwerend die immer noch nicht wirklich gute Parkplatzsituation hinzu, die zu Spitzenzeiten eine Menge Nerven kostet.

Es braucht daher nicht viel Phantasie um zu befürchten, dass ein Outlet in Quasi-Fußweite der Innenstadt gewaltige Verwerfungen auslösen dürfte.

Der Elefant und der Porzellanladen

Was sicher sein dürfte: Es wird noch viel Wasser die Enz herunterfließen, bis im Brötzinger Tal die Türen eines Outlets öffnen können. Ohne fertige Westtangente ist der zusätzliche überregionale Straßenverkehr in das Brötzinger Tal kaum zu stemmen und zur Ausgestaltung des Warenangebotes werden neben der Stadt auch Regionalverband und Regierungspräsidium etwas zu sagen haben. Und das ist auch sehr, sehr gut so, denn bekanntlicherweise ist das Porzellan, das ein Elefant in einem Porzellanladen zerdeppern kann, nur äußert schwer wieder zu kitten. Ein einmal genehmigtes Outlet bekommt man so schnell nicht mehr weg.

Das in die Genehmigung eines Outlets daher viele überregionale Institutionen eingebunden werden müssen, ist wiederum ein durchaus tröstliches Pflaster in einer Zeit, in der Teile des Gemeinderates offenkundig alles dafür tun, die Innenstadt nicht für die Zukunft auszurichten.

Besim Karadeniz
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Besim Karadeniz (bka), Jahrgang 1975, ist Autor und Erfinder von PF-BITS seit 2016. Er ist beruflich selbstständiger Web-Berater und -Entwickler. Neben PF-BITS betreut er mehrere weitere Online-Projekte und kann auf einen inzwischen über 25-jährigen Online-Erfahrungsschatz zurückblicken. Neben der technischen Betreuung von PF-BITS schreibt er regelmäßig Artikel und Kolumnen und ist zuständig für den Kontakt zu Partnern und Autoren.