Warum dem E-Scooter nicht die Stadt gehört (aber dafür bald anderen Fahrzeugen)

Google Driverless Car (Foto: Alphabet Inc./Google LLC/Waymo LLC)

Elektrotretroller stehen in der Diskussion als Retter der innerstädtischen Mobilität. Warum das nicht stimmt und was tatsächlich die Rettung sein könnte.

(Lesezeit: 6 Minuten)

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Das Phänomen der E-Scooter, also der elektrisch betriebenen Tretroller, die neuerdings auf Radwegen und im Straßenverkehr fahren dürfen, ist in Pforzheim noch nicht so recht angekommen. In größeren Städten gehören E-Scooter inzwischen so langsam zum Straßenbild – und viele sind gar nicht so glücklich darüber. Denn was da als vermeintlich fundamentale Alternative zum Individualverkehr daherkommt, ist oft genug verkehrsbehindernd, verschandelt im Falle von Leih-E-Scootern das Straßenbild und taugt sogar für neue „Sportarten“, wie zum Beispiel das „E-Scooter-in-den-Fluss-Weitwerfen“.

Und selbst wenn das E-Scooter-Fahren Spaß machen sollte – die Zukunft der Mobilität ist es wohl kaum. Denn tatsächlich findet man auf E-Scootern vor allem junge und eher mutige Menschen, die sich mit so einem Roller auf die Straße trauen und dann auch verhältnismäßig kurze Wege fahren und dann auch noch einen Abstellplatz für den Roller suchen müssen. Ältere Menschen können mit E-Scootern wenig anfangen und das ist schon der zentrale Denkfehler an der E-Scooter-Welle, die wohl deshalb auch nur verhältnismäßig kurz die innerstädtischen Straßen bevölkern werden.

Welcher Verkehr kann in der Stadt bleiben?

Zu einer zentralen Frage der Zukunft wird (nicht nur in Pforzheim) die Frage gehören, welche Art von Mobilität eigentlich noch in die Stadt fahren darf. Metropolen wie London beantworten aus schierer Not diese Frage seit Jahren schon eindrucksvoll mit einem weitgehenden Verbot von Individualverkehr bzw. entsprechend happigen Gebühren.

Tatsächlich leben wir vermutlich in den letzten Jahren des vermeintlichen „Luxus“, mit dem eigenen, selbst gefahrenen Auto in die Innenstadt zu fahren. Und nicht „fahren zu können“, sondern vor allem „fahren zu müssen“. Innerstädtisches Fahren und vor allem Parken ist schon längst keine lustige Angelegenheit und würden mehr Autofahrer einmal knallhart bilanzieren, ob sie mit dem Bus oder mit dem Auto (plus Parkplatzsuche) schneller in der Stadt wären, würde der Bus in vielen Fällen durchaus gewinnen.

Dem öffentlichen Nahverkehr wie Bussen, Straßenbahnen, S- und U-Bahnen gehört daher durchaus auch nach wie vor die Zukunft. Allerdings hat auch diese Rechnung durchaus ein paar Unbekannte, denn öffentlicher Nahverkehr ist teuer und zudem ist es nicht möglich, den öffentlichen Nahverkehr allen buchstäblich bis vor die Türe zu bringen. Was sich hier lustig anhört, ist für alte und immobile Menschen durchaus ein existentielles und vor allem teures Problem.

Selbstfahrende Autos in (gar nicht so ferner) Zukunft

Das ulkige Auto, das im Titelbild dieses Artikels steht, ist kein Spielzeugauto, sondern einer der ersten Versuchsfahrzeuge von Google in Sachen autonom fahrendes Auto, also eine Fahrzeug, das ohne Fahrer daherkommt und Insassen von A nach B transportieren kann. Und das kann es in der Theorie mit so bestechend interessanten Vorteilen, so dass man sich fragt, warum wir nicht schon längst „Robotaxis“, wie sie in der Mobilitätswelt heißen, noch nicht auf der Straße haben:Robotaxis

  • Robotaxis sind rund um die Uhr bereit und brauchen keinen menschlichen Fahrer
  • Mit Elektroantrieben und umweltfreundlicher Stromversorgung sind autonom fahrende Autos praktisch emissionsfrei.
  • Flotten von Robotaxis können sich zu einem großen Teil selbst organisieren. Robotaxis mit wenig Batteriestrom können selbstständig eine Ladestation anfahren, während andere, besser geladene Fahrzeuge längere Fahrten übernehmen könnten. Außerdem könnten Flottenstandorte temporär mit mehr Fahrzeugen versorgt werden, wenn beispielsweise abends um 22:30 Uhr im Stadttheater eine Vorstellung endet und mehr Menschen nach Hause wollen, als sonst um diese Uhrzeit.
  • Robotaxis lassen sich aufgrund der guten Planbarkeit von Fahrten exakt in bestehende Terminabläufe einbinden. Warum nicht automatisch auf Basis eines Terminkalendereintrages ein Robotaxi an den aktuellen Aufenthaltsort kommen lassen, wenn es wirklich Zeit wird?

Was hat eine Stadt davon?

Nun kann man hinterfragen, was Robotaxis in Städten überhaupt für Sinn machen? Und tatsächlich sind Robotaxis zunächst auch erst einmal Autos, die mehr Platz brauchen, als entsprechende Passagiersitze in einem Bus. Andererseits können Robotaxis eines sehr gut: Sie müssen nirgendwo herumstehen. Nicht an einer Ampel (wenn man sie bevorrechtigt), nicht an einer Bushaltestelle, an einem Taxihalteplatz, in einem Parkhaus oder zu Hause am Bürgersteig. Ähnlich wie bei Flugzeugen liegt ein Kern ihrer Wirtschaftlichkeit darin, dass sie permanent unterwegs sind.

Und genau jetzt wird es spannend: Schauen wir uns die Zerrennerstraße, die trotz Verkehrsberuhigung immer noch über zu viel Durchgangsverkehr ächzt. Würde dieser Straßenverkehr in einem Planspiel konsequent hier herausgeworfen werden und nur noch ein Durchkommen für öffentlichen Nahverkehr und Robotaxis möglich werden, wäre trotzdem die Innenstadt für die meisten Menschen mindestens so erreichbar, wie mit dem eigenen Auto. Die Zerrennerstraße als futuristischer und fast schon idealer Zubringer für in die Innenstadt fahrende Robotaxis.

Zukunftsmusik? Ganz sicher. Allerdings ist schon heute in der Welt der Mobilität ausgemachte Sache, dass die ersten funktionierenden Robotaxis schon innerhalb der nächsten fünf Jahre die Straßen bevölkern dürften. Und dann wird es sehr schnell gehen, denn Straßen und mobiles Internet gibt es bereits, die Säulen der Technologie sind.

Aufgabe muss es daher sein, als Kommune schon jetzt die ideellen Grundlagen dafür zu setzen, um bei der Einführung von Robotaxis ganz vorne dabei zu sein. Und dann werden wir möglicherweise nicht das allererste Google-Robotaxi sehen (die fuhren nämlich nur in wenigen amerikanischen Städten im Testbetrieb), aber ziemlich sicher andere Autos, die immer dann kommen und gehen, wenn wir sie brauchen.

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Besim Karadeniz (bka), Jahrgang 1975, ist Autor und Erfinder von PF-BITS seit 2016. Er ist beruflich selbstständiger Web-Berater und -Entwickler. Neben PF-BITS betreut er mehrere weitere Online-Projekte und kann auf einen inzwischen über 25-jährigen Online-Erfahrungsschatz zurückblicken. Neben der technischen Betreuung von PF-BITS schreibt er regelmäßig Artikel und Kolumnen.