Fünfstündige Marathonsitzung zeigt weiterhin einen tiefen Riss durch den Pforzheimer SPD-Ortsverein und Kreisverband. (Lesezeit: 5 Minuten)
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„Wir sind in einer kleinen beschauenden Runde, jeder hat sein eigenes Plätzchen“, so Johanna Kirsch, Vorsitzende der SPD Pforzheim in ihrer Begrüßung zur Mitgliederversammlung. Die Wahlen der Delegierten für die Landtags- und Bundestagswahl stand am gestrigen Montag auf dem Plan. Dass dazu der große Saal des CongressCentrums angemietet wurde, war nicht nur aufgrund der Corona-Bestimmungen eine bezeichnende Wahl; insgesamt 136 stimmberechtigte SPD-Genossen aus Pforzheim und den Enzkreis-Gemeinden, die für die Landtagswahl dem Wahlkreis 42 zugeordnet sind, waren vor Ort und dank der corona-bedingten Sitzordnung waren Sitze bis in die Empore notwendig.
Dass freilich die Versammlung besonders harmonisch ablaufen würde, war nach den Scharmützel der letzten Monate in der SPD Pforzheim ein frommer Wunsch, dessen Erfüllung niemand im Saal wirklich erwartete. Schon vor dem CongressCentrum hatten sich deutlich sichtbar zwei Personengruppen mit deutlichem Abstand voreinander gebildet und passierten nacheinander die Anmeldung.
Bekanntlicherweise ist die Partei in Pforzheim tief gespalten in eine Gruppierung um Uwe Hück und der restlichen SPD Pforzheim. Beide Seiten streiten seit Monaten öffentlich über die Ausrichtung der Partei und die Ambitionen von Hück, selbsterklärt für den Bundestag zu kandieren, während in den letzten Wochen aus den Reihen des „Hück-Lagers“ die „Aufforderung“ an Uwe Hück kam, für den Landtag zu kandidieren.
Delegiertenwahlen weitgehend Formsache … eigentlich
Die Wahl der Delegierten ist dabei an sich ein weitgehend formeller Prozess. Namen von Parteimitgliedern werden vorgeschlagen und aus diesen Namen werden nach einem Schlüssel Mitglieder gewählt, die dann als Delegierte in einer eigenen Versammlung – der Delegiertenversammlung – den eigentlichen Kandidaten wählen. Bereits im Vorfeld hat man für diese Vorgehensweise im Gegensatz zu einer vollständig offenen Mitgliederversammlung zur Kandidatenwahl gestimmt, da erst mit einer Delegiertenversammlung beispielsweise das Ziel von mindestens 40 % weiblichen Wählern zuverlässig erreicht werden kann.
Im Falle der Delegiertenwahl für den Landtagskandidaten waren 56 Delegierte zu wählen, für die Delegiertenwahl zum Bundestagskandidaten insgesamt 33. Für die Wahl des Bundestagskandidaten gibt es hierbei den Sonderfall, dass hier die Zahl der Delegierten noch um Delegierte aus der SPD Enzkreis ergänzt werden, da der Bundestagswahlkreis aus Pforzheim und dem Enzkreis besteht.
Eine Menge Konfliktpotential, das schon im Vorfeld erahnt werden konnte, da für beide Wahlen eine Vielzahl an Kandidaten vorgeschlagen wurden. So hatte allein die Liste der Delegierten für die Wahl des Landtagskandidaten schlappe 117 Kandidaten zur Auswahl. Und unter anderem an dieser Liste entzündeten sich auch nach Austeilen des ersten Stimmzettels gleich mehrere hitzige Streitpunkte. Zum einen wurde beklagt, dass mehrere Namen von Kandidaten auf der Liste fehlten und zum anderen wurde moniert, dass die Namen auf der Liste nicht nach Nachnamen-Vornamen sortiert waren, sondern umgekehrt.
Dies gipfelte in der vorgetragenen Forderung von Uwe Hück, die Wahl für ungültig und eine Vertagung der Versammlung erklären zu lassen, da nach seiner Auffassung durch das zwischenzeitliche Verlassen vieler SPD-Mitglieder die Mitgliederversammlung nicht mehr beschlussfähig sei. Nach Beratungen des Sitzungsleiters mit dem Landesgeschäftsführer Marten Jennerjahn wurde die Wahl jedoch fortgesetzt, da zum einen der Wahlgang nach dem Austeilen eines neuen Wahlzettels mit allen nachträglich hinzugekommenen Kandidaten bereits eröffnet war und zum anderen die Beschlussfähigkeit der Mitgliederversammlung bereits zu Beginn der Versammlung festgestellt wurde. In einer ersten Reaktion gegenüber Medien kündigte Hück „rechtliche Schritte“ gegen die Entscheidung an.
Gewählt wurde dann doch noch und bis kurz vor Mitternacht ausgezählt. Nach denkwürdigen fünf Stunden standen dann beide Delegiertenlisten fest, mit einer augenscheinlichen Niederlage für das „Hück-Lager“. In beiden Listen verfehlen SPD-Genossen aus dem „Hück-Lager“, auch die aufgestellten Kandidaten Uwe Hück und der SPD-Kreisvorsitzende Christoph Mährlein, die nötigen Stimmenzahlen.
Offenlegung: Der Autor ist SPD-Mitglied und war an dieser Mitgliederversammlung als wahlberechtigtes Mitglied anwesend.