Vorläufiges Ende für einen Handels-Albtraum

Ehemaliges Bader-Versandzentrum im Brötzinger Tal

Das geplante "Factory Outlet Center" im Brötzinger Tal ist auf Eis gelegt. Und das ist auch gut so.

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Es schwelte so vor sich hin, die Idee des „Factory Outlet Center“ in den Räumen des ehemaligen Bader-Logistikzentrums im Brötzinger Tal. Nachdem letztlich nur eine Grobskizze des Projekts existierte, stand ein Sachstandsbericht auf dem Plan des gemeinderätlichen Ausschuss für Digitalisierung und Wirtschaft und der zog am gestrigen Dienstag vorerst die Bremsen an. Das Projekt wird nun zunächst auf Eis gelegt bis in die Zeit nach der Corona-Pandemie, um es da nochmals zu betrachten.

Bei so einer Entscheidung kommen die Schuldzuweisungen so sicher wie das Amen in der Kirche. Und am heutigen Mittwochmittag war es dann so weit mit einer Mitteilung der FDP-Gemeinderatsfraktion, bei der die Entscheidung für Unmut sorgt. Die FDP-Fraktion war es auch, die das Projekt maßgeblich antrieb. „Die Stadtverwaltung hat keinen Finger für das Outlet gerührt, aus Angst, dem Prestigeprojekt ‚Schlossberghinterhöfe‘ könne Konkurrenz erwachsen“, so Fraktionsvorsitzender Hans-Ulrich Rülke. Zu keiner Zeit habe man von Seiten der Stadtverwaltung ernsthafte Bemühungen erkennen können, sich für die „Schaffung vieler Arbeitsplätze und der weiteren Attraktivierung der Stadt Pforzheim für mehrere Millionen Besucher“ einzusetzen. Das sei äußerst bedauerlich, da so die „erheblichen Potenziale auch für die Innenstadt, die mit den Besucherströmen und der Kaufkraft auswärtiger Besucher für Pforzheim entstanden wären“, nun niemals gehoben würden.

Wenn letzteres tatsächlich die Basis für die Entscheidung des Ausschusses gewesen wäre, dann wäre es so richtig gedacht, dass man sich fragt, warum es drei Jahre gedauert hat, um zu dieser Entscheidung zu kommen. Denn auch vor drei Jahren war die Ausgangslage die gleiche: Die vorbereitenden Baumaßnahmen der Schlossberghöfe – damals noch unter dem Projektnamen „Innenstadtentwicklung Ost“ – waren bereits unterwegs, das Projekt damit weitgehend unumkehrbar angelaufen, gesichert von einer soliden Mehrheit im Gemeinderat. Und schon damals war es nicht wirklich plausibel argumentierbar, ein Investment eines gewerberelevanten Stadtentwicklungsprojekts in dreistelliger Höhe voranzutreiben, während am Stadtrand ein riesiges Outlet-Center entstehen soll, das dem Einzelhandel in Pforzheim unzweifelhaft den Rest geben würde.

„Kaufe-billig“-Prinzip eines Outlets

Denn natürlich ist das Konzept eines jeden Outlet-Centers das „Kaufe-billig“-Prinzip. Niemand fährt in ein Outlet-Center, um sich dort zu erholen oder ein Eis zu essen. Eine Anreise zu einem Outlet-Center ist üblicherweise mit dem Kaufwunsch für einen hochpreisigen Gegenstands wie einem Anzug oder einem teuren Sportgerät verbunden und der wird dann eben auch im Outlet-Center gekauft und nicht im Einzelhandel. Das Nachsehen haben dann nicht nur die Einzelhändler in der Innenstadt, sondern auch gleich alle anderen Gewerbetreibende, Restaurants und Cafés. An einen „touristischen Wert“ glauben fällt schwer, schaut man sich die Outlet-Center in der ferneren Umgebung an. Selbst die immerhin 70 Kilometer entfernte „Outletcity“ in Metzingen sorgt bei teuren Textilien trotz der Anfahrt für einen Kostendruck bei hiesigen Einzelhändlern.

Daher ist gut, dass das „FOC“ im Brötzinger Tal in der Schublade verschwindet. Ein Schloss und ein dicker Warnaufkleber darauf wären empfehlenswert, damit die vereinbarte Neubegutachtung des Projekts nach Ende der Pandemie nicht wieder zu drei Jahren Irritationen führt.

Besim Karadeniz
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Besim Karadeniz (bka), Jahrgang 1975, ist Autor und Erfinder von PF-BITS seit 2016. Er ist beruflich selbstständiger Web-Berater und -Entwickler. Neben PF-BITS betreut er mehrere weitere Online-Projekte und kann auf einen inzwischen über 25-jährigen Online-Erfahrungsschatz zurückblicken. Neben der technischen Betreuung von PF-BITS schreibt er regelmäßig Artikel und Kolumnen und ist zuständig für den Kontakt zu Partnern und Autoren.