Wann geht Pforzheim wieder baden?

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Führt in Pforzheim ein Weg an einem Kombibad vorbei? Eigentlich nicht. Eigentlich.

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Der Bäderkonflikt in Pforzheim ist nichts für Warmduscher. Ja, ich weiß, der kam jetzt flach. Aber ohne eine gehörige Portion Sarkasmus lässt sich die derzeitige Situation nicht mehr treffend kommentieren. Seit geschlagenen vier Jahren ist das Emma-Jaeger-Bad nun geschlossen und eigentlich sind wir bis zum heutigen Tage genau so schlau, wie schon vor vier Jahren. Zwar gibt es einen Baubeschluss für einen Neubau eines Hallenbades auf dem Gelände des Emma-Jaeger-Bades, doch schon hier scheiden sich alle Geister. Der OB signalisiert ständig, dass er sich an den gültigen Beschluss für den Neubau eines Schwimmbades am Emma-Jaeger-Bades hält, gleichzeitig sitzt am Dienstag – wieder einmal – der Gemeinderat zusammen, um zu hinterfragen, ob der alte Standort denn nun gut, weniger gut oder plötzlich nicht gut geworden ist.

Die einen sind froh, dass Kinder in der Innenstadt weiterhin fußläufig zum Schwimmen können. Schon hier eine Feststellung, bei der man gehöriges Zähnewackeln bekommt, wenn man sich einmal morgens oder mittags an die Straße einer x-beliebigen Schule gestellt und den dortigen Helikopterelternverkehr angeschaut hat. Auch das wissen Befürworter eines Neubaus am alten Standort und mangels Platz soll hier eine Tiefgarage helfen. Unter einem Schwimmbad und auf sowieso schon fragilem Untergrund, was demzufolge zu einer millionenschweren Investition nur für diese Tiefgarage führt.

Die anderen finden es gut, dass es mit mehreren Schwimmbadstandorten auch mehr Alternativen gibt. Auch das ist richtig, hat aber eine nicht ganz unwichtige Komponente: Es werden doppelt so viele Ressourcen benötigt. Neben Technik eben auch mehr teures Personal. Und von dem Geld, was man hierzu braucht, hat es im Pforzheimer Stadtsäckel nicht ganz so viel.

Und dann noch das Wartberg-Freibad, das irgendwie alle lieb haben (ja, auch da waren wir als Kinder alle), aber bei dem sich niemand so wirklich Gedanken zu machen scheint, wie wir das denn bezahlen sollen. Denn auch da gibt es Technik und Personal, das aber logischerweise nur in den Sommermonaten gebraucht wird. Und das auch dann bezahlt wird, wenn es zehn Tage am Stück regnet und niemand ins Freibad kommt.

Alle nutzen es, aber keiner will es – das Kombibad

Nun hatten wir es in einer kleinen Runde mit Pforzheimer Medienkollegen am Rande des Neujahrsempfanges von der Bädermisere und von der Gemeinderats-Sondersitzung am kommenden Dienstag, wo die Bäderstrategie entschieden werden soll. Sie wollen wissen, wie weit man Augen rollen kann? Dann sprechen Sie mit Journalisten über die Bädersituation.

Erstaunlich ist, dass sich bei solchen Gesprächen neben dem kollektiven Augenrollen eine Erkenntnis schon in den ersten Sekunden manifestiert: Eigentlich kommt man um ein Kombibad, also um eine gemeinsame Lösung von Hallen- und Freibad, gar nicht vorbei. Und, seien Sie ehrlich, Sie nutzen es schon: Wenn Sie nach Bretten zum Schwimmen fahren, dann schwimmen Sie dort in einem Kombibad. Nach Offenburg ins Freizeitbad? Ein Kombibad. Das Fächerbad in Karlsruhe? Sie erraten es – ein Kombibad. Alles an einem schönem Fleck zu vernünftigem Preis.

Die Suppenschüssel ist für die Suppe da …

… nicht für das Ausbilden des eigenen Horizontes. Ein krummer Spruch eines früheren Lehrers von mir, aber dieser Spruch wäre jetzt so dringend und wichtig.

Denn niemand, wirklich niemand, braucht in Pforzheim ein weiteres Hallenbad in der Größe des Schwimmbades in Eutingen oder zukünftig in Huchenfeld. Ein Bad, das von Anfang an hart an der Rentabilität segeln wird, weil es nichts Halbes und nichts Ganzes ist, keine Sauna hat, kein Kinderplanschbecken und allein schon aus räumlichen Gründen keinen vernünftigen Außenbereich (aber eine teure Tiefgarage).

Sondern es braucht ein Bad, das zu allen Jahreszeiten und bei jedem Wetter funktioniert. Ein echtes Außenbecken mit Liegewiesen hat. Raum für so Späße wie Planschbecken und Sauna. Parkplätze vor der Türe.

Ja, ein Kombibad wird teurer, als die (derzeitige) Kalkulation des Schmalspur-Emma-Jaeger-Bades hergibt. Aber erst mit einem solchen Kombibad wird der Schwimmstandort Pforzheim am ehesten so attraktiv, dass in Pforzheim möglicherweise wieder eine besondere Menschengruppe beobachtet werden kann, nämlich die der Tagestouristen. Die dann gerne zum Schwimmen kommen, weil es eben auch abwechslungsreich ist und an jedem Tag funktioniert.

Und jetzt kommt das beste: Wir haben auf dem Wartberg sogar schon den Platz dafür mit einem Freibad, das schon eine nutzbare Infrastruktur für den Freibad-Teil eines Kombibades mitbringt. Keine teure Tiefgarage braucht, sondern vielleicht noch ein ÖPNV-Haltestellenschild vor der Türe.

Wie bescheuert müssen wir eigentlich sein, dass wir hier nicht sehen, dass nicht nur ein Zaunpfahl winkt, sondern das gesamte Holzlager eines Baumarktes?

Besim Karadeniz
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Besim Karadeniz (bka), Jahrgang 1975, ist Autor und Erfinder von PF-BITS seit 2016. Er ist beruflich selbstständiger Web-Berater und -Entwickler. Neben PF-BITS betreut er mehrere weitere Online-Projekte und kann auf einen inzwischen über 25-jährigen Online-Erfahrungsschatz zurückblicken. Neben der technischen Betreuung von PF-BITS schreibt er regelmäßig Artikel und Kolumnen und ist zuständig für den Kontakt zu Partnern und Autoren.