Vertreter vier Gruppierungen bemängeln den Politikstil des Oberbürgermeisters (Lesezeit: 4 Minuten)
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Dass es in einem Gemeinderat auch informelle Gespräche gibt – geschenkt. Dass Fraktionen mit der Bürgermeisterriege einen Raum für schnellen Meinungsaustausch brauchen – wünschenswert und gut. Was aber die Fraktionsvorsitzenden der SPD (Ralf Fuhrmann), von Bündnis 90/Grüne (Uta Golderer), Wir in Pforzheim/Die Linke (Christof Weisenbacher) und Grüner Liste (Axel Baumbusch) am Montag in einem kurzfristig einberaumten Pressegespräch beklagen, ist schon ein bemerkenswerter Bericht aus einem merkwürdigen Kabinettsstückchen im Gemeinderat.
Da treffen sich die Sprecher aller acht Gruppierungen im Gemeinderat zusammen mit Oberbürgermeister Boch und seiner Büroleiterin Sandra Härdtner – und regelmäßig nur mit diesen beiden. Weder seien die drei anderen Bürgermeister und Dezernatsleiter anwesend, noch weitere, möglicherweise themenkundige Verwaltungsmitarbeiter. Zudem werde weder ein Protokoll geführt, geschweige denn Gespräche auf Augenhöhe, was Axel Baumbusch besonders stört. Es werde ein Thema in den Raum gestellt, das nur ganz kurz behandelt werde und dann käme das nächste. Es gebe keine Versuche zur Bildung eines Konsenses – eigentlich das Ziel solcher informellen Gespräche im kleinen Kreis.
Da auch OB Boch kaum Stellung beziehe, und zudem von Seiten der anderen Gruppierungen verlautbart wurde, dass sie an anderen Meinungen gar nicht interessiert wären, seien diese „fragwürdigen Veranstaltungen“ in dieser Form verzichtbar. Man hoffe, dass OB Boch noch zu einem „kommunikativeren Politikstil“ finde.
Update: Pressemitteilung der Stadt
Am späten Nachmittag reagierte Oberbürgermeister Boch in einer Pressemitteilung auf die Vorwürfe:
„Ein wenig verwundert es mich schon, wenn diejenigen, die Kommunikation auf Augenhöhe von mir einfordern, gleichzeitig ihre Teilnahme an einer Gesprächsrunde mit mir über die Presse aufkündigen“, so der Rathauschef. „Jeder muss für sich selbst entscheiden, was er für einen guten Stil hält oder nicht. Eines ist für mich aber klar: Ich bin weiterhin an einer guten Zusammenarbeit mit allen Fraktionen und Gruppierungen im Gemeinderat interessiert. Deshalb gilt die Einladung zur Fraktionsrunde auch weiterhin ausdrücklich an alle.“ Themen gebe es nun wahrlich genug in der Stadt, die es zu besprechen gäbe. „Und selbstverständlich kommt in den Fraktionsrunden jeder zu Wort und kann das sagen, was seine Meinung zu einem Thema ist. Nur wenn wir alle an einem Strang ziehen, kann es uns gelingen, unsere Stadt Pforzheim voranzubringen.“
Update 2
In einem Bericht des Pforzheimer Kuriers antworteten auch FDP-Gemeinderat Hans-Ulrich Rülke und CDU-Kreisvorsitzender Gunther Krichbaum auf die Vorwürfe. Krichbaum reagiert „überrascht“ und sieht durch die Vorwürfe „den Rückzug der linken Parteien vertan“, parteiübergreifende Brücken aufzubauen. Gleichzeitig stärke dies seinen Verdacht „dass dem neuen Oberbürgermeister bewusst Schaden zugefügt werden soll“.
Persönlich angegriffen sieht sich Hans-Ulrich Rülke, dem vorgeworfen wurde, im Landtag die AfD zu kritisieren, im Gemeinderat aber mit der AfD-Fraktion in einer „Koalition“ zusammenzuarbeiten. Er bezeichnete die Pressekonferenz als „burlesken Auftritt vierer politischer Leichtmatrosen“, die „bei ihrem weinerlichen Auftritt unterschlagen“ würden, dass bei einigen von OB Boch durchgesetzten Entscheidung auch von der Gruppierung der Unabhängigen Bürger (UB) mitgetragen wurde. Er könne nicht verhindern, dass die AfD im Gemeinderat seinen Vorschlägen zustimmen würde, stellte aber fest, dass er „nicht eine einzige politische Absprache mit der AfD getroffen habe“.