Neue Wege in der Schlaganfalltherapie

Die drei Musiker unter sich: PD Dr. Benjamin Berger, Chefarzt Neurologie, der Schlaganfallpatient Dr. Alexander Tomic, und Dr. Jonas Apitzsch, Chefarzt Radiologie (Foto: Helios Klinikum Pforzheim/Christina Schwara)

Kein Klavier mehr spielen zu können, war die größte Sorge von Dr. Alexander Tomic. Der 65-Jährige erlitt im Dezember einen Schlaganfall und erhielt als erster Patient im Helios Klinikum Pforzheim eine Thrombektomie.

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Am 22. Dezember wollte Dr. Alexander Tomic zur Arbeit fahren. Als er nicht losfuhr, wollte seine Frau nachsehen und fand ihren Mann mit einer Lähmung der linken Körperseite und der Unfähigkeit zu sprechen vor. Sie wählte sofort den Notruf. Nach der Erstversorgung brachte der Rettungsdienst Dr. Tomic unter dem Verdacht auf einen Schlaganfall in die Zentrale Notaufnahme des Helios Klinikum, wo der Patient zur Diagnosestellung eine Computertomographie (CT) des Schädels erhielt. „Das bildgebende Verfahren zeigte, dass die rechte mittlere Hirnarterie durch ein Blutgerinnsel verschlossen ist. Weniger als eine Stunde nach dem Auffinden wussten wir: Dr. Tomic hat einen Schlaganfall“, erinnert sich Dr. Jonas Apitzsch, Chefarzt Radiologie am Helios Klinikum.

Bei einem Schlaganfall zählt jede Sekunde gemäß dem Motto „time is brain“. Gelingt es nicht, einen Gefäßverschluss rechtzeitig zu öffnen, sterben kontinuierlich Nervenzellen ab und es entsteht ein irreparabler Schaden am Gehirn. Deshalb wurde zunächst in der Neurologischen Klinik von Chefarzt PD Dr. Benjamin Berger eine sogenannte Lysetherapie (medikamentöse Therapie zur Auflösung des Gefäßverschlusses) eingeleitet. Da bei Dr. Tomic ein großes hirnversorgendes Gefäß verschlossen war, war zusätzlich zur systemischen Lyse eine sogenannte Thrombektomie notwendig. Dabei handelt es sich um einen speziellen Kathetereingriff, bei dem der Gefäßverschluss unter Vollnarkose wiedereröffnet wird. „Bislang mussten Patienten hierfür in größere umliegende Kliniken verlegt werden. Doch seit Herbst letzten Jahres kooperieren wir mit den renommierten Neuroradiologen des Universitätsklinikum Heidelberg um Prof. Dr. Martin Bendszus, die bei Bedarf via Notfalleinsatz zu uns ins Helios Klinikum kommen und den Eingriff vor Ort durchführen“, erklärt PD Dr. Berger.

Ärzte aus Heidelberg behandeln vor Ort in Pforzheim

Dr. Tomic ist nun der erste Patient am Helios Klinikum Pforzheim, der von dieser Kooperation profitiert hat. Die Oberärzte PD Dr. Fatih Seker und PD Dr. Moritz Kronlage vom Universitätsklinikum Heidelberg waren zeitnah vor Ort und konnten das Blutgerinnsel entfernen. Lediglich drei Stunden nach Symptombeginn war Dr. Tomics Hirnarterie wieder offen. Danach wurde er auf der Schlaganfallstation (Stroke Unit) des Helios Klinikum von speziell ausgebildeten Pflegekräften weiterversorgt. Schon am Tag der Aufnahme starteten bei Dr. Tomic die ersten therapeutischen Maßnahmen, von der Physio- über die Ergotherapie bis hin zur Logopädie. Nach drei Tagen konnte er – wieder komplett beschwerdefrei – nach Hause entlassen werden.

Ein Monat nach seinem Schlaganfall kam der leidenschaftliche Klavierspieler zur Nachkontrolle ins Helios Klinikum. Im Gespräch offenbarte er seinen – ebenfalls musikalischen – Ärzten: „Meine größte Angst war, dass ich kein Klavier mehr spielen kann. Doch ich habe keinerlei motorische Einschränkungen, sodass ich noch immer jedem Lied meine persönliche Note verleihen kann. Und dass ich einen Tangokurs mit meiner Frau machen muss – nein darf“, korrigiert sich Dr. Tomic. „Ich bin so unbeschreiblich dankbar!“

PD Dr. Berger ergänzt: „Der Schlaganfall hätte Herrn Dr. Tomic zum Pflegefall machen oder sogar tödlich verlaufen können. Es ist sensationell, dass der Mitsechziger keine Folgen davonträgt. Das ist vor allem dem schnellen Handeln seiner Ehefrau und den Kolleginnen und Kollegen, die die Notfallversorgung übernommen hatten, zu verdanken. Ich möchte aber auch betonen, dass die moderne Schlaganfallbehandlung eine Teamaufgabe ist, die sowohl die Radiologinnen und Radiologen bei der Bildgebung und Thrombektomie, die Anästhesisten bei der Narkose, die Neurologen bei der Behandlung, aber auch die Pflegekräfte, behandelnden Ärzte und Therapeuten bei der Nachsorge erfolgreich erfüllt haben.“

Quelle(n): pm

Besim Karadeniz
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