Rostkübel-Philosophien

Waisenhausplatz

Die geplante und nun dem Gemeinderat vorgelegte Aufwertung der Zerrennerstraße kommt reichlich spät und ist immer noch reichlich dringend.

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Ob es die „Winterwelten“ auf dem Waisenhausplatz waren, die gezeigt haben, wie dringend die Zerrennerstraße entwickelt werden muss? Oder sind es die teilweise haarsträubenden Szenen, wenn Menschen direkt am Waisenhausplatz die Straße bei dichtestem Verkehr ohne sichtbaren Überweg überqueren müssen? Es wird wohl eine Gemengelage plus der ewige Wunsch nach Verkehrsberuhigung der Zerrennerstraße gewesen sein, die jetzt zu einer Gemeinderatsvorlage der Stadtverwaltung zur Aufwertung der wichtigsten Innenstadtstraße führt. Und das einzig skandalöse dabei ist die Frage, warum es so lange dauern musste, bis diese Erkenntnis so weit gewachsen ist.

Denn tatsächlich ist das Thema Zerrennerstraße nicht neu und heute so wichtig, wie noch nie. Die „Zertrennerstraße“ trennt Enzufer und Innenstadt weiterhin fundamental und würgt das Areal zwischen Stadttheater, Congress Centrum, Lindenplatz, Sedanplatz bis hin zum Areal der Seniorenresidenz geradezu schändlich von der Innenstadt ab, obwohl der Durchgangsverkehr in der Zerrennerstraße dank des Innenstadtrings schon seit vielen Jahren hier nicht mehr durchfahren müsste.

Erkenntniswandel des Oberbürgermeisters

Geradezu überraschend sind dabei die Zitate von Oberbürgermeister Peter Boch:

„Als Oberbürgermeister ist es mir wichtig, die Anliegen der Pforzheimerinnen und Pforzheimer zu hören und umzusetzen. Der Wunsch nach Umgestaltung der Zerrennerstraße war bei den Anwohnerinnen und Anwohnern sowie beim ansässigen Einzelhandel groß.“

Oberbürgermeister Peter Boch

Das nämlich ist eine ganz alte Feststellung, die schon im Masterplan der Stadt Pforzheim festgeschrieben wurde. Die Überlegung eines „Stadtboulevards“, zu dem die Zerrennerstraße von der Kreuzung Deimlingstraße bis zur Goethestraße entwickelt werden sollte, landete dann aber im OB-Wahlkampf 2017 in der stürmischen See der politischen Auseinandersetzung, Stichwort „Rostkübel“.

Die freilich stehen immer noch, obwohl OB Boch sie immer und immer wieder im seinem OB-Wahlkampf als angebliche Fehlplanung von Hager anprangerte. Dabei war von Anfang an klar definiert, dass die Pflanzenkübel in der Zerrennerstraße – übrigens aus hochwertigem Cortenstahl gefertigt – lediglich als Provisorium gedacht waren, um überhaupt den Verkehr beruhigen zu können.

Nun aber sollen die „Rostkübel“ sogar zu Objekten der Aufwertung werden. Sie sollen, so in der Entwurfsbeilage der Vorlage, „mit neuen Elementen kombiniert und durch die Verwendung von Holz für Sitzflächen und Kanten gestalterisch eingebunden und für den Aufenthalt nutzbar“ werden. Das Erscheinungsbild werde dadurch „weicher und selbstverständlicher als bisher“.

Man staunt. Der Rostkübel bleibt und wird nun sogar weicher und selbstverständlicher! Und dadurch erwächst möglicherweise eine interessante Situation: So könnte beim nächsten OB-Wahlkampf im Jahr 2025 – sofern Peter Boch nochmal antritt – die Zerrennerstraße noch einmal zu einem Wahlkampfschlager werden. Dann aber mit einem fundamentalen Seitenwechsel, wenn Boch nicht mehr harscher Kritiker einer Aufwertung der Zerrennerstraße und der „Rostkübel“ ist, sondern glühender Verfechter von beidem.

Besim Karadeniz
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Besim Karadeniz (bka), Jahrgang 1975, ist Autor und Erfinder von PF-BITS seit 2016. Er ist beruflich selbstständiger Web-Berater und -Entwickler. Neben PF-BITS betreut er mehrere weitere Online-Projekte und kann auf einen inzwischen über 25-jährigen Online-Erfahrungsschatz zurückblicken. Neben der technischen Betreuung von PF-BITS schreibt er regelmäßig Artikel und Kolumnen und ist zuständig für den Kontakt zu Partnern und Autoren.