OB Boch antwortet Pforzheims SPD-Chef Striegler in Kita-Debatte

Der offene Brief von Pforzheims SPD-Chef Frederic Striegler führt zu einem Schlagabtausch mit OB Boch, der ebenfalls in einem offenen Brief antwortet.

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Auf den offenen Brief von SPD-Chef Frederic Striegler über eine angebliche Ungleichbehandlung der Familie des Oberbürgermeisters bei der Vergabe von Kita-Plätzen an zwei seiner Kinder hat Oberbürgermeister Peter Boch noch am Mittwoch in einem ebenfalls offenen Brief in deutlicher Weise geantwortet, den wir hier ebenfalls im genauen Wortlaut vollständig aufführen:

Sehr geehrter Herr Striegler,

nun haben Sie mich bereits einige Male getroffen und wissen, dass ich ehrlich darum bemüht bin, ein gutes und konstruktives Arbeitsverhältnis zu allen politischen Kräften in Pforzheim aufzubauen. Ich bin davon überzeugt, dass es uns nur gemeinsam gelingen kann, die riesigen Herausforderungen auf dem Weg zur familienfreundlichen Stadt zu meistern. Deswegen habe ich Ihnen und Ihrer Gemeinderatsfraktion gleich nach meinem Amtsantritt bei diesem – so nehme ich an – auch für Sie sehr wichtigen Thema eine enge Zusammenarbeit angeboten.

Hier gibt es große Gemeinsamkeiten. Anders als vielleicht bei anderen Fragestellungen, in denen wir politisch auseinanderliegen. Ich war aber immer der Meinung, dass wir diese – in einer Demokratie notwendige – Debatte um richtige Lösungen fair und sachorientiert austragen müssen und darin auch übereinstimmen. In letzterem habe ich mich getäuscht!

Es entsetzt mich, dass Sie den politischen Streit jetzt auf eine rein persönliche Ebene heben und dabei nicht nur mich, sondern auch meine Familie und Kinder direkt angreifen. Meine Person ist das eine, das halte ich aus. Aber eine politische Auseinandersetzung auf dem Rücken von Kindern auszutragen, das ist wirklich unterste Schublade! Sie sind sich ja nicht einmal zu schade, die betreffende Kita zu nennen und meinen Kindern sowie der Familie dadurch das Ankommen in Pforzheim zu erschweren; vom Sicherheitsaspekt ganz zu schweigen, der Ihnen offenbar auch egal zu sein scheint. Wie Ihr Verhalten zu bewerten ist, überlasse ich dem Urteil der Bürgerinnen und Bürger.

Nun aber zur Sache selbst: Nein, meine Kinder werden nicht alle zum September 2018 einen Kita- oder Krippen-Platz bekommen. Und ich werde gleich behandelt wie alle anderen Pforzheimerinnen und Pforzheimer auch – egal ob sie Müller, Mayer, Huber oder Aydin heißen und egal welchen Beruf sie ausüben. Dies hat mir übrigens auch die Leitung der betroffenen Kita versichert; die Vergabe von Kita-Plätzen erfolgt schließlich nach einem Punktesystem, das für alle gleichermaßen gilt.

Allerdings ist es so, dass Zugezogene nicht schlechter gestellt werden als bereits hier lebende Eltern. Meine Älteste wird dieses Jahr sechs Jahre alt, es ist ihr letztes Jahr im Kindergarten. Kinder in dieser Altersgruppe haben nun mal aus guten Gründen einen gewissen Vorrang – völlig unabhängig vom Elternhaus.

Auch für meinen Sohn haben wir glücklicherweise aufgrund der Geschwisterkind-Regelung in der gleichen Kita wie der meiner Tochter einen Platz finden können – das Punkte-System ist ja so ausgerichtet, dass Kinder, die ein älteres Geschwisterkind in einer Kita haben, auch eine höhere Punktezahl erzielen (eines von drei Kriterien).

Unsere Jüngste wird dagegen noch etwas auf einen Krippenplatz warten müssen, wie leider viel zu viele Kinder in dieser Altersgruppe auch. Da meine Frau wieder anfangen möchte zu arbeiten, werden wir versuchen, mit einer Tagesmutter über die Runden zu kommen.

So viel zu meiner persönlichen Situation.

Was die Beurteilung des notwendigen Kita- und Krippen-Ausbaus angeht, sind wir einer Meinung: Jeder fehlende Kita- oder Krippen-Platz ist einer zu viel.
Die hohe Zahl der Absagen – sie liegt bereinigt bei 1060 – hat uns daher alle erschreckt. Dennoch ist es wichtig, in der Diskussion genau zu bleiben und Dinge nicht zu vermischen. 1060 Absagen heißt nicht gleich 1060 Fehlplätze. Von den betroffenen Sorgeberechtigten liegen mittlerweile Rückmeldungen vor: 700 halten ihr Interesse an einem Kita-Platz aufrecht, bei 360 ist dies nicht der Fall.

Deshalb arbeitet meine Verwaltung unter unter Hochdruck daran, diese Situation – die ich politisch geerbt habe – zu verändern. Die Planungen dafür haben wir bereits vorgelegt: Bis 2020 wollen wir 1320 neue Plätze für Unter- und Über-Dreijährige schaffen: 60 davon noch in diesem Jahr, 390 nächstes Jahr und 870 Plätze im Jahr 2020. Auch bei der Schulkindbetreuung werden wir das bestehende Angebot nun zügig ausbauen und den Bedarf so zum Schuljahr 2018/19 weitestgehend decken können.

Diese Lösungsansätze können uns alle hoffnungsfroh stimmen; zu tun gibt es dennoch wahrlich genug. Ich bitte Sie daher inständig, wieder zur politischen Sachebene zurückzukehren und mit dem Gemeinderat, der Stadtverwaltung und mir an Lösungen für die weitreichenden Probleme unserer Stadt zu arbeiten. Von Schlammschlachten hat niemand etwas; dies ist auch Ihrer über 150 Jahre alten Partei unwürdig.

Mit freundlichen Grüßen
Peter Boch
Oberbürgermeister

Besim Karadeniz
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Besim Karadeniz (bka), Jahrgang 1975, ist Autor und Erfinder von PF-BITS seit 2016. Er ist beruflich selbstständiger Web-Berater und -Entwickler. Neben PF-BITS betreut er mehrere weitere Online-Projekte und kann auf einen inzwischen über 25-jährigen Online-Erfahrungsschatz zurückblicken. Neben der technischen Betreuung von PF-BITS schreibt er regelmäßig Artikel und Kolumnen und ist zuständig für den Kontakt zu Partnern und Autoren.