Müller Fleisch "vermisse die gebotene Sachlichkeit in der Diskussion". Pforzheimer Abgeordnete Katja Mast nicht unter den Empfängern. (Lesezeit: 4 Minuten)
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In einem Schreiben an mehrere SPD-Bundestagsabgeordnete haben die beiden Geschäftsführer Martin Müller und Stefan Müller Anmerkungen zum Gesetzentwurf des Arbeitsschutzkontrollgesetzes für die Fleischindustrie übermittelt. Obgleich man das Verbot von Werkverträgen in der Fleischindustrie ausdrücklich unterstütze und „seit mehreren Jahren“ die Anzahl der Mitarbeiter mit Werkverträgen in den Betrieben in Baden-Württemberg und Bayern reduziere, vermisse man in der öffentlichen und politischen Diskussion „die gebotene Sachlichkeit und eine differenzierte Betrachtungsweise“. Der Fokus sei zuletzt zunehmend auf Negativbeispielen aus der Branche in Bezug auf Unterbringung und Bezahlung von Werkvertragsmitarbeitern gelegen. Man habe schon während der politischen Debatte in den vergangenen Wochen beschlossen „in den Kernbereichen Schlachtung, Zerlegung und Verarbeitung ab dem 1. Januar 2021 keine Mitarbeiter mehr über Werkvertrag zu beschäftigen und auch eine höhere Kontrolldichte begrüße man.
Die Beschäftigung von Leiharbeitern sei allerdings in der Fleischwirtschaft „genauso wie in anderen Branchen unerlässlich, um saisonale Spitzen [..] abzufedern. Da Leiharbeitnehmer Festangestellten gleichgestellt seien, sei „dieser Punkt zur Zielerreichung nicht notwendig“. Ebenfalls problematisch sehe man gesellschaftsrechtliche Eingriffe in die unternehmerischen Strukturen der Betriebe. Dass Unternehmen der Fleischwirtschaft „in allen Einheiten nur noch von einem alleinigen Inhaber geführt werden sollen, widerspricht dem freien Unternehmertum und der freien marktwirtschaftlichen Struktur Deutschlands“, die die Entwicklung des Unternehmens behindere. Zudem bewerte man auch das geplante Verbot der Lohnschlachtung als Einschränkung, die „vollends am praktischen Produktionsprozess vorbei“ gehe. Damit wären beispielsweise „Markenfleischprogramme, die Handelsketten zusammen mit für sie erzeugten Landwirten auferlegt haben, nicht mehr möglich“, so Müller Fleisch.
Bei der Unterbringung der Beschäftigten nach Mindeststandards in Gemeinschaftsunterkünften sei „bereits unklar, was mit Gemeinschaftsunterkünften gemeint“ sei. Es bedürfe einer „klaren Definition, insbesondere auch „zur Abgrenzung von privat angemietetem Wohnraum“.
Daher bitte man die angeschriebenen SPD-Bundestagsabgeordneten, „die Regelungen des Gesetzentwurfs zu hinterfragen und eine am eigentlichen Ziel des Arbeitsschutzes orientierte Lösung zu unterstützen“.
Pforzheimer Abgeordnete Katja Mast nicht angeschrieben
In Antworten der angeschriebenen SPD-Bundestagsabgeordneten zeigte man sich „verwundert“ darüber, dass die Pforzheimer SPD-Bundestagsabgeordnete Katja Mast nicht angeschrieben wurde, obwohl der Hauptsitz des Unternehmens im Wahlkreis von Mast liegt. So schreibt der Heidelberger Bundestagsabgeordnete Lothar Binding, dass Mast „nicht nur stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion für Arbeit und Soziales und damit für das Arbeitsschutzkontrollgesetz federführend zuständig [ist], sondern auch eine absolute Expertin in allen Fragen, die die bundesdeutsche Fleischindustrie betreffen – und das lange vor Corona“.
Auf PF-BITS-Nachfrage antwortet die Pressestelle von Müller Fleisch, dass es Ende Mai auf Betreiben der Geschäftsführer von Müller Fleisch eine Telefonkonferenz mit Katja Mast gegeben habe, „in der die jeweiligen Positionen ausgetauscht wurden“. Beide Seiten bekräftigten in diesem Telefonat auch, „dass man im Gespräch miteinander bleiben werde“. Die Geschäftsführung von Müller Fleisch habe vor , der SPD Politikerin aufgrund ihrer „besonderen Fachkompetenz und des starken Engagements zu diesem Thema eine persönliche Einladung zur Fortführung des bereits begonnenen Dialogs zukommen zu lassen“. Dies sei bisher noch nicht geschehen und werde in Kürze nachgeholt.
„Es ist gut, dass ich den Brief von Müller Fleisch kenne“, so Mast in einer Reaktion auf das Schreiben. Die Fleischindustrie versuche sehr intensiv, einzelne Punkte des Gesetzentwurfes abzuschwächen. „So verstehe ich auch das Schreiben“, so Mast weiter. „Kein einziges Unternehmen der bundesdeutschen Fleischindustrie kann – sollte das beabsichtigt sein – einfach zur Tagesordnung übergehen.“