Bannmeile vor „Pro Familia“ war nicht rechtens

"Mahnwache" der Bewegung "40 Tage für das Leben" im Jahr 2018

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg kassiert das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe ein.

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15 Monate nach dem erstinstanzlichen Urteil in der gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen der Bewegung „40 Tage für das Leben“ und der Stadt Pforzheim hat nun das nächstinstanzliche Gericht, der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim, das ursprüngliche Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe kassiert. Damit war die Bannmeile, die die Stadt Pforzheim 2019 vor den Räumen der Pforzheimer Beratungsstelle von „Pro Familia“ gegenüber der abtreibungskritischen Aktivisten, nicht rechtens. Ursprünglich hatten die Aktivisten direkt vor den Räumen mit Plakaten demonstriert und waren nach der Entscheidung der Stadt Pforzheim an die Kreuzung Östliche Karl-Friedrich-Straße/Parkstraße ausgewichen.

Das Urteil begründete der Verwaltungsgerichthof dadurch, dass die Behörde eine Versammlung von einer solchen Auflage der Bannmeile nur abhängig machen könne, wenn „die öffentliche Sicherheit bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet wäre“. Dies sei hier nicht der Fall gewesen. Dabei könne zwar das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Frauen, die eine Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle aufsuchten, durch eine Versammlung von Abtreibungsgegnern betroffen sein. Jedoch führe nicht jeder Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der schwangeren Frauen zugleich zu einer Verletzung desselben. Vielmehr könnten gegenläufige Grundrechtspositionen – hier die Versammlungs-, Meinungs-, und Religionsfreiheit der Versammlungsteilnehmer – zu einer Rechtfertigung von Eingriffen führen. Dabei sei davon auszugehen, dass eine Versammlung so lange zulässig sei, als sie den die Beratungsstelle aufsuchenden Frauen nicht die eigene Meinung aufdränge und zu einem physischen oder psychischen Spießrutenlauf für sie führe.

Die Beklagte habe in dem hier zu entscheidenden Fall nicht hinreichend dargelegt, dass es bei der Versammlung der Klägerin zu einer derartig unausweichlichen Situation für die die Beratungsstelle aufsuchenden schwangeren Frauen hätte kommen können.

Kritik am Urteil aus der Politik

„Ich bin enttäuscht über das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs, der die aus meiner Sicht richtigen Auflagen der Stadt Pforzheim zum Schutz Hilfesuchender bei Schwangerschaftskonflikten nun als rechtswidrig beurteilt hat“, so Hans-Ulrich Rülke, FDP-Fraktionsvorsitzender im baden-württembergischen Landtag, in einer ersten Reaktion.

Er fordere die Stadt Pforzheim auf, Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einzulegen, um die Zulassung einer Revision zu erwirken. Die Vorinstanz habe nämlich „zu Gunsten der Hilfesuchenden entschieden und nicht im Sinne derer, die Menschen in einer schwierigen Lebenssituation mit perfiden Methoden einschüchtern wollen“.

Besim Karadeniz
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