Das Ende der Galeria in Pforzheim

Rabattplakate der Galeria-Filiale in Pforzheim

Stadträte fordern eine Zwischennutzung bis zu einer endgültigen Lösung.

(Lesezeit: 4 Minuten)

Am Mittwoch sollte eigentlich die Pforzheimer Galerie-Filiale schließen, doch dann ging alles etwas plötzlicher vonstatten. Bereits am Dienstag um kurz vor 15 Uhr schlossen sich die Türen der Erdgeschossebene – die anderen Ebenen waren bereits in den letzten Tagen abgesperrt worden. Am letzten Tag winkten für die wirklich letzten Schnäppchenjäger noch Rabatte von bis zu 99 Prozent, allerdings dann auf einen kärglichen Warenrest. Bereits in den letzten Monaten wurde mit größeren Rabatten ein Großteil des Warenbestandes verscherbelt.

Lange Kaufhausgeschichte endet

Mit der Schließung der Galeria endet eine 131-jährige Kaufhausgeschichte in Pforzheim. 1890 als Kaufhaus „S. Wronker & Co.“ gegründet, wurde das Unternehmen 1931 vom Kaufmann Schlomo Salman Schocken übernommen. 1938 wurde dann die Schocken AG im Rahmen der so genannten „Arisierung“ im Dritten Reich durch ein Bankenkonsortium übernommen und zur „Kaufstätte Merkur“ umgewandelt. Nach 1945 wandelte sich der Namen um zum „Kaufhaus Merkur“. 1977 erfolgte dann der Wechsel zu Horten und 1994 zu „Galeria Kaufhof“. Die Kaufhof AG wurde später dann mit der Galeria Karstadt Kaufhof GmbH verschmolzen. Fortan firmierten die Kaufhäuser dann unter den Namen „Galeria“.

Umstritten ist vor allem das Geschäftsgebaren rund um den österreichischen Unternehmer René Benko. Seine Unternehmensgruppe kaufte die Kaufhof AG, vornehmlich, so Kritiker, um vor allem die damit verbundenen Immobilien innerhalb von Benkos Signa-Gruppe zu vermarkten und zu entwickeln. Galeria sollte mit Zugeständnissen der Beschäftigten auf einen Sanierungskurs gebracht werden, schaffte jedoch die finanzielle Wende nicht und musste 2020 erstmals in einem ersten Insolvenzverfahren saniert werden. Schon damals mussten eine Reihe von Filialen bundesweit schließen.

Die Signa-Gruppe betätigte sich auch mit dem Neubau von prestigeträchtigen Immobilien, kam aber hierbei aufgrund der geänderten Zinssituation im Laufe des Jahrs 2023 in finanzielle Schwierigkeiten, die zu Insolvenzen innerhalb der Unternehmensgruppe führten. In Pforzheim verloren seit dem verkündeten Ende der Galeria-Filiale im März 2023 rund 100 Mitarbeiter ihren Job.

Nachnutzung unklar

Die Verkaufsverhandlungen für das Gebäude seien „aktuell in einer heißen Phase“, so Oberbürgermeister Peter Boch am Samstag in seiner Neujahrsrede. „Wir hoffen, dass wir bald Klarheit darüber haben, mit wem wir als Stadt die „Zukunft des Galeria-Gebäudes gestalten werden“, so Boch. Er ist jedoch „sehr optimistisch“, dass man eine „hochwertige Lösung“ sehen werde, mit einem „Mix aus Einzelhandel und anderen Nutzungen“.

FDP-Fraktion wünscht sich Nutzung durch die Hochschule

Eine Nutzung durch die Hochschule bringt die FDP-Gemeinderatsfraktion ins spiel. Der Fraktionsvorsitzende Hans-Ulrich Rülke erklärt hierzu: „Nach dem bedauerlichen Aus von Galeria-Kaufhof, darf es auf keinen Fall einen längerfristigen Leerstand in der Stadtmitte geben. Man sollte prüfen, ob nicht eine zumindest teilweise Nutzung des Gebäudes durch die Hochschule Pforzheim in Betracht kommt.“ Die Hochschule käme damit „stärker in die Innenstadt“, die Innenstadt selbst würde von „studentischem Leben profitieren“ und die Immobilie würde auch künftig genutzt werden.

Stadtrat Andreas Sarow wirbt mit „Kunstaktion“ für kulturelle Nutzung

In einer eigenwilligen „Kunstaktion“ mit als Kreuz verbundenen alten Horten-Kacheln machte Stadtrat Andreas Sarow am Samstag auf seinen Wunsch für eine Zwischennutzung des Gebäudes für „Kunst und Kultur, Erlebnisse, Ausstellungen. Pop-up Store, Pop-up Gastro“. Es müsse ermöglicht werden, dass „selbst im schwebenden Verfahren die Schlüsselgewalt und Nutzungsmöglichkeit erlangt“ werde und er fordere die Verwaltung, den Oberbürgermeister und das Wirtschaft- und Stadtmarketing auf, „diese Zwischennutzung zu ermöglichen“. In vergleichbaren Situationen sei es „gängige Praxis“, dass eine Kaution bezahlt und dem Eigentümer ein Haftungsausschluss unterzeichnet wird. „Ziel ist es eine tragfähige und langfristige Nutzung des Gebäudes zu ermöglichen, wie es andere Städte bereits umgesetzt haben“, so Sarow.

Besim Karadeniz
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Besim Karadeniz (bka), Jahrgang 1975, ist Autor und Erfinder von PF-BITS seit 2016. Er ist beruflich selbstständiger Web-Berater und -Entwickler. Neben PF-BITS betreut er mehrere weitere Online-Projekte und kann auf einen inzwischen über 25-jährigen Online-Erfahrungsschatz zurückblicken. Neben der technischen Betreuung von PF-BITS schreibt er regelmäßig Artikel und Kolumnen und ist zuständig für den Kontakt zu Partnern und Autoren.