Die Getriebenen im Pforzheimer Rathaus

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Große Fehler in Pforzheim erzeugen große Pressemitteilungen im Enzkreis. Hedd des jetzt sei müssa?

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Eine gemeinsame Presseerklärung aller fünf Kreistagsfraktionen des Enzkreises kommt nicht alle Tage vor. Dass sich die Fraktionsvorsitzenden darin über Pforzheims Stadtobere Sibylle Schüssler und Peter Boch beschweren, hat schon echten Seltenheitswert. Zumindest aus Sicht der Vergangenheit.

Denn leider hat der Grund inzwischen ein System. Wieder einmal geht es um fehlende Kommunikation von Seiten des Pforzheimer Rathauses in Richtung Enzkreis bei augenscheinlich gemeinsamen Projekten. Heute: Die Rechnung von Bürgermeisterin Sibylle Schüssler zum Projekt der Europäischen Kulturhauptstadt, von der einen Tag zuvor Oberbürgermeister Boch ironischerweise schon abgeraten hatte.

Von den von Schüssler prognostizierten 40 Millionen Euro Projektvolumen sind laut ihrer Mitteilung 2 Millionen Euro vom Enzkreis zu zahlen. Dort freilich liest man das mit Erstaunen und das führt zu harschen Formulierungen: „Man stelle sich vor: Frau Schüssler würde für sich ein Haus bauen wollen und in den Finanzierungsplan eine Kostenbeteiligung ihrer Nachbarn einbauen, ohne diese vorher zu fragen. Das wäre unseriös“, so CDU-Fraktionsvorsitzender Günter Bächle. Werner Hehnle von der Freien Wählervereinigung (FWV) geht noch weiter und drückt in eine richtig offene Wunde: „Würde sie [Sibylle Schüssler] diese Mittel in den Bau von Kindertagesstätten stecken, hätte Pforzheim sein Problem der fehlenden Plätze dauerhaft gelöst.“

Solche messerscharfen Formulierungen schmerzen. Weil sie zum einen richtig sind und zum anderen wieder einmal völlig ohne Not provoziert wurden. Nach dem Zentrum für Präzisionstechnik und der einseitig gestarteten Diskussion um ein Gewerbegebiet Klapfenhardt ist das nun eine weitere, peinliche Show, die mit einer vorherigen Abstimmung innerhalb des Pforzheimer Rathauses und dann mit Vertretern des Enzkreises vollkommen hätte vermieden werden können.

Regelrechte Chaostage im Rathaus. Und auch heute am Spätnachmittag wieder ein hilfloser Versuch zur Rettung der davon schwimmenden Felle in einer dürren Mitteilung: Oberbürgermeister Peter Boch stehe seit gestern „erneut“ in Kontakt mit den Landräten und habe noch für Juli einen „Runden Tisch“ angeboten, um in einem „moderierten Prozess mögliche Irritationen auszuräumen.“ Das OB-Büro befände sich in der Terminabstimmung und „die Landkreise seien an dem Angebot sehr interessiert“. Davon kann man in der Tat ausgehen und dieses Gespräch dürfte nicht sehr lustig werden.

Wieder einmal landet ein ambitioniertes Projekt nach schlechter bzw. fehlender Kommunikation mit dem Enzkreis als Bettvorleger. Zum dritten Mal innerhalb eines Jahres. Nicht nur das Projekt ist zerstört, sondern auch wieder ein großes Stück Vertrauen. Vertrauen des Enzkreises in die Stadt und Vertrauen der Bürger in die Kompetenz und Kommunikationsfähigkeit der Stadtführung. Welchen Wert haben Projekte, wenn sie Beiträge von Dritten enthalten, die von ihrem „Glück“ noch gar nichts wissen?

Der Pforzheimer fragt bei solchen Sachen üblicherweise: Hedd des jetzt sei müssa?

Eigentlich nicht. Und es wäre sehr wünschenswert, wenn solche bitteren Geschichten langsam aufhörten.

Besim Karadeniz
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Besim Karadeniz (bka), Jahrgang 1975, ist Autor und Erfinder von PF-BITS seit 2016. Er ist beruflich selbstständiger Web-Berater und -Entwickler. Neben PF-BITS betreut er mehrere weitere Online-Projekte und kann auf einen inzwischen über 25-jährigen Online-Erfahrungsschatz zurückblicken. Neben der technischen Betreuung von PF-BITS schreibt er regelmäßig Artikel und Kolumnen und ist zuständig für den Kontakt zu Partnern und Autoren.